Kinky Friedman ist Countrysänger, Kriminalautor und versuchte sich 2006 als Politiker, als er zur Gouverneurswahl in Texas antrat. Während seiner Kandidatur plädierte er für die Einführung der Homo-Ehe und des Glücksspiels in Texas, konnte mit seinen Forderungen aber nicht genügend Wähler überzeugen. Mit seiner Band »The Texas Jewboys« spielte er zusammen fast zwanzig Jahre. Seine Songtexte sind oft sarkastisch und wenden sich u. a. gegen die Tristesse auf dem Land. Ein feministischer Verband kürte Friedman 1974 für sein Lied »Get Your Biscuits In The Oven And Your Buns In The Bed« zum Sexisten des Jahres, genauer zum »Male Chauvinist Pig of the Year«. Die Antwort kam als Song: »Yes, I am the Sexiest«. Nach seiner Bandkarriere begann der Kinkster, wie er sich gern nennen lässt, mit dem Schreiben von Kriminalromanen. Anfang Februar gab der 70-Jährige ein Konzert in Leipzig. Frauke Zimmermann und Mandy S. Dzondi nutzten die Gelegenheit für ein Interview.
Country-Musik gilt vielen als Musik für Hillbillies. Wie kamen Sie auf die Idee, gerade Country und kein anderes Musikgenre für Ihre Texte wie etwa »Proud to Be an Asshole from El Paso« zu verwenden?
Durch Johnny Cash, Willie Nelson, Slim Whitman und Jimmy Roberts – das waren vermutlich die vier – kam ich zur Countrymusik. Schon als Kind war das die Musik, die ich liebte, besonders Johnny Cash. Ich hörte auch Songs von Willie Nelson wie »Hello Walls«, in dem ein Mann wortwörtlich mit den Wänden spricht, weil er verrückt geworden ist. Und er fragt die Wände »Hey, wie läuft es heute so?« und die Wände antworten ihm. Das ist doch brillant und echt clever! Und das zeichnet guten Country aus: Er ist tiefsinnig und künstlerisch. Heutzutage ist all das verschwunden. Man hört kaum noch guten Country, die Songs klingen alle gleich. Ich glaube, wir haben die ganzen Talente verbraucht. Es gibt zwar gute Musiker, aber wenn ihre Songs gut sind, klingen sie wie Songs von vor dreißig Jahren, bloß eben schlechter. Selbst die Leute, die einst die guten Songs schrieben, können es heute eben nicht mehr.
Warum nicht?
Weil die Gesellschaft an kulturellem ADHS leidet! Ich will damit sagen, dass die Wenigsten zum Beispiel dieses Interview hier zu Ende lesen. Oder sie lesen nur einen kleinen Teil, das war’s aber dann. Und so ist es auch mit Musik. Keiner hört sich mehr ein komplettes Album an, vielleicht einen Song, mehr nicht. Oder Filme: Wer macht sich heute schon die Mühe und schaut sich einen Film von Anfang bis Ende an? Selbst die Werbung ist kürzer geworden. Unsere Kultur ist abgefuckt, um mal einen psychologischen Terminus zu nehmen.
Ihre Eltern sind nach Ihrer Geburt von Chicago auf eine Ranch in Texas gezogen. Wie war das Leben für einen jüdischen Jungen aus der Großstadt in der texanischen Provinz?
Eigentlich war es wirklich schön, auf einer Farm groß zu werden. Und das Jüdisch-Sein kam fast niemals zur Sprache. Ich glaube nämlich, die Texaner waren zu der Zeit mehr damit beschäftigt, auf den Mexikanern herumzuhacken. Also scherten sie sich nicht um mich. Außerdem mag ich den Cowboy-Spirit: Wissen Sie, um wie ein wahrer Cowboy zu sein, genügt es, oft zu reiten, einigermaßen geradeaus schießen zu können und die Wahrheit zu sagen.
Sie machen sich in Ihren Texten über das Leben auf dem Land lustig …
Diese Songtexte waren ziemlich gut. Man könnte uns als eine Countryband mit sozialem Gewissen bezeichnen.
… und Sie sind selbst von New York nach Texas zurückgezogen. Warum?
New York mochte ich auch immer sehr. Ich denke, es lag an den Drogen damals: Viele enge Freunde von mir nahmen zu viele davon, und einige starben an einer Überdosis. Also entschloss ich mich, nach Texas zurückzukehren. Ich war selbst ziemlich verballert von dem ganzen Zeug, vor allem vom Kokain. Texas hat mich sozusagen gerettet. Außerdem konnten die New Yorker die Musik nicht wertschätzen. Auch wenn es Country war, der die Dinge beim Namen nennt, eben echt guter Country. Aber bei den New-Yorker-Countryfans kam die Musik nie so richtig an. Es lag vor allem daran, dass sie nicht so viel mit den Lyrics anfangen konnten, da ihnen der Bezug zu Songs wie »They don’t make Jews like Jesus anymore« oder »Proud to be an Asshole from El Paso« fehlte. Wir waren eher eine eklektische Band und nicht Mainstream.
Sie wollten nie in Deutschland auftreten, was wir sehr gut verstehen können, haben dies aber Ende der neunziger Jahre erstmals getan. Warum haben Sie Ihre Meinung geändert?
Ich weiß es wirklich nicht mehr, warum ich meine Meinung geändert habe. Ich schätze, ich habe kapiert, dass Hitler Euer Problem ist und nun wirklich nicht meins. Und man kann niemanden für etwas verantwortlich machen, das stattgefunden hat, als man noch nicht einmal geboren war. Das ist einfach nicht richtig. Aber ich muss sagen, ich mag diese gesamte Region hier. Ich mag Österreich. Mit dem Zug fährt man innerhalb von dreißig Minuten durch die Geburtsorte von Mozart, Hitler und Arnold Schwarzenegger. Die Evolution des Menschen!
Sie haben einmal gesagt, dass die Deutschen Ihr zweitliebstes Volk sind, jedes andere sei ihr liebstes. Die Deutschen scheinen den Kinkster da mehr zu mögen. Schließlich waren Ihre Krimis neben den USA am erfolgreichsten in Deutschland. Uns verwundert das. Denn eigentlich mögen die Deutschen keine Juden, die »nicht, wie Jesus früher, auch die andere Wange hinhalten«, um mal einen Songtext von Ihnen zu zitieren. Wie erklären Sie sich Ihre Beliebtheit?
Ich versuche mit den Romanen nur zu unterhalten, ich will niemanden belehren. Und man kann Menschen sowieso nicht ändern. Es gibt einen Grund, warum nicht ich sondern Leute wie ihr eine emotionale Geschichte habt. Ihr habt ein Erbe, das ich nicht habe. Mit anderen Worten: Die meisten von Euch wollen nicht wie ihre Großeltern sein, egal, wer sie waren. Falls sie gut waren, wurden sie getötet. Gehörten sie zu den Bösen oder waren Feiglinge, dann haben sie es geschafft und den Nationalsozialismus überstanden. Aber gerade solche bewundern Deutsche nicht. Und das ist auch der Grund, warum so viele von ihnen reisen.
Wieso das?
Sie orientieren sich am Westen. Sie mögen Marilyn Monroe, James Dean, Tom Waits, Iggy Pop …
… und Kinky?
Und Kinky. Ja, das ist wahr. Und sie mögen auch Indianer. Ich war in vielen Reservaten, weil einige meiner Freunde Indianer sind. Wenn man dort irgendjemanden aus Europa trifft, sind es Deutsche. Die campen dort sechs Wochen und mehr. Keine Ahnung, warum das so ist. Sie suchen nach einem Gesellschaftsentwurf, der nicht so ist wie der, den sie kennen. Oder anders gesagt: Sie versuchen nicht, die Vergangenheit wieder aufleben zu lassen. Sie wollen sie hinter sich lassen. Man führt den Kampf nicht mit der Welt, man führt ihn mit sich selbst. Es gibt viele Nazis da draußen und nicht nur in Deutschland. Überall auf der Welt gibt es Leute, die passable Nazis abgeben würden und es auch eines Tages werden, falls sie dazu die Möglichkeit bekommen. Das sieht man am Islamischen Staat im Nahen Osten. Er müsste sofort gestoppt werden. Aber das macht niemand.
Frauke Zimmermann und Mandy S. Dzondi
Es stimmt ich habe das Interview zu circa einem Viertel gelesen. Das liegt aber nicht an meinem ADHS, auch wenn ich dem im Internet schnell verfalle, sondern an der völlig verfehlten Überschrift. Ich denk hier geht es darum, das Hitler das Problem von anderen sei und nicht meines und nicht um einen Musiker von dem ich noch nie gehört habe, in einem Genre das mich nicht interessiert, mit einem Thema, dass ich nicht erkenne. Die Hitler Passgage habe ich beim überfliegen nicht gesehen und nach verstandenem Kontext ist sie auch nicht mehr interessant.