Anlässlich ihres 20. Jubiläums stellte die AG Antifa die Frage, was Antifaschismus in den gegenwärtigen Verhältnissen bedeutet. Wir dokumentieren den ersten Teil der auf einer Veranstaltung gehaltenenen Beiträge.
Einleitungsvortrag der AG Antifa (Halle)
Bei Firmenjubiläen ist es üblich, dass das dienstälteste Belegschaftsmitglied am Anfang ein paar erhebende Worte ans verehrte Publikum richtet, von früher spricht und am Ende einen Toast auf die nächsten 20 Jahre ausbringt. Dummerweise wollte das dienstälteste Mitglied der AG Antifa lieber in der zweiten Reihe Bier trinken als hier zu sprechen, und einen Grund für erhebende Worte gibt es ebenfalls nicht. Denn im Unterschied zu einer Firma, die für die Ewigkeit gegründet wird, ist die AG Antifa 1994 nicht aus der Taufe gehoben worden, damit es immer so weitergeht; sie ist nicht gegründet worden, um irgendwann zum kulturellen Erbe der hallischen Linken zu gehören und sich ein Mal pro Woche zum gepflegten Besäufnis zu treffen, sondern sie ist gegründet worden, um Arbeit, Staat, Rassismus, Faschismus und Kapital abzuschaffen.
Dass es inzwischen fast peinlich klingt davon zu sprechen, zeigt, wie sehr sich die Zeiten geändert haben. Denn um die meisten der Dinge, die die Gründer der AG Antifa in ihrem jugendlichen Leichtsinn während ihrer Regelstudienzeit von 18 Semestern plattmachen wollten, scheint es heute besser bestellt zu sein als damals. Auch Anfang der 1990er Jahre standen die Chancen für die Abschaffung von Staat, Kapital & Co. zwar alles andere als gut. Aber für naive Erstsemester, die weder Module noch Facebook, weder Hartz IV noch das Dschungelcamp kannten, gab es zumindest die Möglichkeit, den Umbruch im Ostblock, der kurz zuvor stattgefunden hatte, als (wie verschroben auch immer gearteten) Beweis dafür zu interpretieren, dass auch unverwüstlich erscheinende Systeme über Nacht zusammenbrechen können.
Davon kann heute nicht mehr die Rede sein. So kommen auch die jüngeren Mitglieder der AG Antifa nicht mehr auf die Schnapsidee, ihr Studium zu vernachlässigen, weil irgendwann vor der letzten Prüfung entweder die Revolution ausbricht oder sich für jemanden mit Polit-Erfahrung auch ohne Abschluss die eine oder andere Berufschance auftut. Soll heißen: Gemessen an den ursprünglichen Ansprüchen ist die Geschichte der AG Antifa eine Geschichte von Niederlagen. Wer feiert, dass er statt der Revolution Veranstaltungsreihen organisiert – und seien sie noch so gut –, ähnelt sich dem traditionellen Bürger an, der sich gern dafür auf die Schulter haut, dass er so lange durchgehalten hat.
Dass wir uns heute hier trotzdem zusammengefunden haben, hat zwei Gründe:
1. Für die Niederlagen, die gerade geschildert wurden, muss man sich nicht schämen. Im Gegenteil: Sie beweisen, wie Wolfgang Pohrt vor einigen Jahren schrieb, dass man einmal etwas anderes wollte als den ganzen Unsinn, der einen heute von links bis rechts, von oben bis unten anspringt.
2. Selbst der Bürger, der stolz auf sein Durchhaltevermögen ist, ist inzwischen ein Auslaufmodell. Die gesellschaftlichen Imperative heißen nicht mehr Kontinuität, Berechenbarkeit und Verlässlichkeit, sondern Flexibilität, Wandlungsfähigkeit und »gebrochene Biographie«. Statt der Liebe des Lebens gibt es Lebensabschnittsgefährten, wer etwas werden will, muss sich im Dreijahresrhythmus »neu erfinden«, seinen Musikgeschmack, die politische Überzeugung und die sexuelle Orientierung wechseln und sich darum bemühen, nichts allzu ernst nehmen. »Mach Dich mal locker!«, heißt die Parole der Zeit.
Diese Entwicklung hat ihre Entsprechung innerhalb der Linken. Polit-Gruppen existieren in der Regel auch deshalb nicht länger als drei Jahre, weil das Interesse ihrer Mitglieder ständig wechselt. Der Foucault-Phase folgt die Adorno-Welle, dem Gender-Boom der Bewerbungsstress. Die jeweiligen Gruppen stehen lediglich für eine »Phase« im Leben der zukünftigen Damen und Herren Doktoranden, Nahost-Experten und Werbefachleute, die auch beim Personalchef gut ankommt: Ehrenamt und Engagement gehören längst zum Bewerbungsprofil für die mittlere und höhere Führungsebene, und gegen Antifaschismus hat sowieso niemand etwas einzuwenden. Die AG Antifa kann ein Lied davon singen: Sie ist von vielen Leuten begleitet worden, die bald für immer im Wissenschaftsbetrieb, in Muttis Arztpraxis oder in der Kulturarbeit verschwunden sind.
Vor dem Hintergrund dieser ständigen Neuerfindungen erscheint der Vorwurf, dass die AG Antifa immer das gleiche mache, mit dem sich ein ehemaliges AG-Mitglied vor vielen Jahren in Richtung stromlinienförmiger Akademismus aufmachte, fast wie ein Kompliment. Denn es ist immer noch besser, man ähnelt sich dem traditionellen Bürger an, der auf eine gewisse Kontinuität setzt, als sich in eines jener flexiblen Hybridwesen zu verwandeln, die nicht einmal eine Ahnung davon haben, dass sich hinter ihren zahllosen »Baustellen«, »Projekten« und ihrem »Networking« immer nur das Gleiche verbirgt.
Das mag kein Grund zum Feiern sein; aber ein Grund für einen Austausch mit Gleichgesinnten und ein anschließendes Zusammensein ist es auf jeden Fall. Wir haben uns aus diesem Grund dazu entschlossen, Freundinnen und Freunde, Genossinnen und Genossen der AG Antifa einzuladen, um sie zur Frage »Was heißt Antifaschismus heute?« sprechen zu lassen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Podiums haben zwei Dinge gemeinsam: Die AG Antifa hat in der Vergangenheit regelmäßig mit ihnen bzw. den Gruppen, für die sie hier sprechen, zusammengearbeitet, und sie tut es in der einen oder anderen Weise immer noch – und zwar sehr gern. Auf die Einladung von Leuten, die möglicherweise schon früher, auf jeden Fall aber heute unter Niveau sind, wurde verzichtet.
Das heißt: Es wird weder ein Vertreter der PKK hier erscheinen, für die die AG Antifa vor ihrem Verbot peinlicherweise einmal einen Kongress ausgerichtet hat (»peinlicherweise«, auch wenn der Kurdistan-Kitsch inzwischen wieder beliebt geworden ist), noch haben wir Jürgen Elsässer eingeladen, der vor seiner Verwandlung in einen klinischen Fall ein häufiger Gast der AG war. Trotz der Gemeinsamkeiten zwischen den Referentinnen und Referenten werden die Antworten auf die Frage »Was heißt Antifaschismus heute?« ganz unterschiedlich, zum Teil widersprüchlich ausfallen. Wir haben uns entschieden, diese Antworten ohne Diskussion nebeneinander stehen zu lassen: nicht, weil wir zu Anhängern postmoderner Beliebigkeit geworden sind, sondern weil es in diesem Fall ehrlicher ist. Indem wir diese unterschiedlichen Antworten auf die Frage »Was heißt Antifaschismus heute?« unkommentiert nebeneinander stehen lassen, entsteht ein präziseres Bild davon, was die AG Antifa in den letzten 20 Jahren war – und immer noch ist.
Jörg Folta (Beatclub Dessau)
Trude Unruh war die legendäre Gründerin der Grauen Panther, Bundestagsabgeordnete der Grünen und – so der Journalist Christian Schmidt – »ausgemachte Doofmamsell«, deren Zwischenfragen im Bundestag stets 15 Minuten der Diskussion hinterherhinkten. Sie konzipierte und verkörperte Ende der 1980er Jahre den Greis neuen Typs: Heutige Senioren wollen nicht mehr loslassen, ewig und ewig mitmischen und ihr autistisches Gewerkel gewürdigt wissen. Das Gerede von der altenfeindlichen Gesellschaft wird nahezu täglich Lügen gestraft. An aktuellen Beispielen mangelt es nicht: Wolf Biermanns Auftritt im Bundestag, Arnulf Barings Dauerpräsenz bei Anne Will, Helmut Schmidts Elder-Statesman-Getue oder Günter Grass’ kurz vor seinem Ableben geäußerte Mahnung, niemand nähme mehr Autorenproteste ernst, und er würde an Juli Zehs Stelle (der Initiatorin besagten Protestes) sein Zelt vor Merkels Kanzleramt aufschlagen. Autorenproteste – Garanten der Demokratie. Niemand sagt Biermann und Konsorten, wie peinlich ihre Auftritte sind, oft werden sie noch durch Kritik im Feuilleton geadelt und ermutigt. Die Kunst des rechtzeitigen Abtritts á la Hemingway oder Hunter S. Thompson erfreut sich nicht überall der Beliebtheit. Erklärt werden können dieses trudeunruhhafte Festhalten und Nicht-Loslassen-Wollen sowie der Umstand, dass besagte Senioren »von früher« delirieren, ohne dafür ausgelacht zu werden, möglicherweise durch die Entwicklungen zu Beginn der 1990er Jahre.
Diese stellten in vielerlei Hinsicht eine Zäsur da. Friedliche Revolution, Wende und Einheit markierten das Ende von Geschichte. Aus heutiger Sicht erscheinen die Ereignisse aus dieser Zeit, den Jahren nach der Wende, als ein Defilee bizarrer Anekdoten, denn – wie Wolfgang Pohrt schrieb – »nicht Entwicklung, sondern Mutation stand auf der Tagesordnung«: »Die Welt der Tatsachen hatte sich als eine aus lauter Fiktionen zusammengesetzte entpuppt«. Die Unruh-Senioren und vor allem ihre Kritiker scheinen das zu spüren, wenn eine Person wie das Meinungsmännchen Günther Grass diese Entwicklung nicht sogar personifiziert, also den Umstand, dass es – so Pohrt – »keine Gegenwart, keine Geschichte, sondern nur noch Ramsch gibt«.
Mit dem Ende von Geschichte ging das Ende von Opposition einher. Eike Geisel sah in den Lichterketten der frühen 1990er Jahre das Begräbnisritual des politischen Protestes. In dieser Zeit entstanden wie überall in Ostdeutschland auch in Sachsen-Anhalt Antifagruppen und die westdeutsche autonome Folklore lag wie Blei auf ihnen. Geisels Einschätzung vom Ende der Opposition erklärt möglicherweise das vehemente Festhalten an diesen Ritualen. Man las die Radikal, die Interim und allerlei hausgemachte Hefte wie den Hallenser Subbotnik in L.A., den Dessauer Alzheimer, die Antifada aus Plauen und so weiter. Der gewöhnliche Nazi war damals viel stärker als heute, und so gibt es vor allem Geschichten zu erzählen, die von der Hasenfüßigkeit der Antifa-Gangs handeln. Denn die durchschnittliche Antifagruppe bestand aus Zahnarzt- und Lehrerkindern sowie Außenseitern ohne Freunde, die selbst in der Überzahl Auseinandersetzungen lieber scheuten.
Die Magdeburger Antifa arbeitete schon damals hart an ihrem Ruf als dümmste Antifa Deutschlands. Dazu gehörten – neben der ins blödsinnige tendierenden Neigung, sich trotz 20köpfiger Gruppenstärke in verschiedene Stadtteil-, Jugend- und Frauenantifagruppen zu parzellieren oder affigste Hausbesetzerrituale in Mietwohnungen zu praktizieren – ihre schon damals vielbelachten Auftritte als »Schwarzer Block Magdeburg«. Das selbst bei Magdeburger Demos gerade fünf mal fünf Personen große Menschenquadrat (inklusive dem in Göttingen abgeschauten Stahlseil) war stets von einem Asteroidengürtel besoffener Punks umschwirrt und skandierte umständliche 80er-Jahre-Parolen. Gefürchtet waren auch die Treffen bei der Magdeburger Frauenantifa, die ihre Gäste zum gemeinsamen Ansehen der TV-Serie »Golden Girls« zwang (frau pflegte den Nineties-Lesbenchic). Selbst verdiente Genossen wurden – erfasst vom Stockholm-Syndrom – beim hysterischen Mitlachen und Teetrinken erwischt und konnten nur mit Mühe davon abgehalten werden, an einer Straßentheateraufführung der Gruppe teilzunehmen.
Die Antifa Halle galt als die etwas schlauere Gruppe. Im VL, damals noch nicht in der Ludwigstraße, sondern in der Kellnerstraße, fanden oft sogenannte Antifa-Vernetzungstreffen statt, die, wie die ebenfalls überall aus dem Boden sprießenden Infoläden, vor allem der Selbstfindung dienten. Um der guten Sache willen wurde bei diesen Treffen allerlei Klatsch verbreitet, wie die sogenannten Städteberichte, in denen umfassend über die eigene Gruppenstärke und daneben auch die Verstrickung von Faschismus und Kapital in – zum Beispiel – Bad Düben Zeugnis abgelegt wurde. Die Antifa war hier ganz bei sich selbst. Natürlich diente derlei keinem Gedanken, keiner Aufklärung, keiner Einsicht und keinem Fortschritt, sondern ausschließlich dem ebenso wohligen wie trügerischen Gefühl, dabei zu sein und dazuzugehören. In guter Erinnerung ist einigen Älteren vielleicht noch ein Treffen im VL, bei dem die Antifa Altenburg, die den Städtebericht mündlich ablieferte, bekannte, man sei »20 Mann stark, und dabei seien die Weiber schon mitgerechnet«. Die Antifa war damals keine urbane Bewegung, die Antifa Altenburg wurde dennoch nie wieder gesehen.
Dessau lag irgendwie in der Mitte und tanzte nur einen Sommer – und zwar jenen, in dem der Verfassungsschutzbericht der Gruppe attestierte, die gefährlichste in Sachsen-Anhalt zu sein. Ansonsten kompensierte man hier seine Komplexe durch verschiedene schwachsinnige Aktionen, wie dem Verharren vor dem Abschiebeknast in Volkstedt, nachdem im Rahmen einer Demonstration dessen Portal ramponiert worden war. Die klügeren Gruppen hatten sich sofort verdrückt, die Antifa Dessau ließ sich eine Stunde später brav und tapfer verhaften.
Demos, Vernetzungstreffen und auch das damals maßgeblich aus Sachsen-Anhalt heraus organisierte Antifaworkcamp Buchenwald spielten die autonome Welt Westdeutschlands der 1980er Jahre nach – vor allem das Antifaworkcamp, das weniger an ein Ferienlager, als an ein ostdeutsches »Lager für Arbeit und Erholung« erinnerte und von der Magdeburg Konkurrenz machenden Antifa Bitterfeld organisiert wurde. Diese bezog ihre Identität ausschließlich daraus, in einer Mischung aus FDJ-Sekretär- und Hausmeister-Manier dieses Camp durchzuführen und mit allerlei Accessoires aus der linken Hölle zu verzieren. Veganer Voküpamps, Workshops für Kinder mit Titeln wie »Wir malen Flaggen für Völker ohne eigenen Staat«, Spontandemos gegen den immergleichen Weimarer Zeitungskiosk, bei dem mal Landser-Ausgaben entdeckt worden waren, gemeinsamer Frühsport, Liedermacherabende, die paramilitärische Organisation der Campsicherheit und natürlich das allabendliche dreistündige Plenum konnten nur notdürftig durch den Konsum von Oettinger Pils – Sternburg war damals noch teurer – kompensiert werden.
Zehn Jahre vor dem »Aufstand der Anständigen« war nicht nur die Antifa, sondern die gesamte öffentliche Diskussion von allerlei Innerlichkeitskitsch geprägt. Den Lichterketten, den »Mein-Freund-ist-Ausländer«-Kampagnen und dem Gerede vom »Nazi in uns selbst« hatten viele Antifagruppen nur den Verharmlosungsvorwurf entgegenzusetzen, und es lag an Autoren wie Wiglaf Droste, die Frage zu stellen, was man denn mit dem »Nazi in uns« tun solle, außer Schiffeversenken zu spielen. Die Sprachlosigkeit oder vielmehr die fehlende Sprachgewandtheit der Antifa ließ bereits erahnen, auf welche Art viele später auf den »Aufstand der Anständigen« und die Erfindung der Zivilgesellschaft durch Gerhard Schröder und Joseph Fischer reagieren würden. Diese weckten nämlich nicht Brechreiz, sondern Appetit auf mehr.
Um zu den Trude-Unruh-Senioren und zur Frage »Was heißt Antifaschismus heute?« zurückzukommen: Es gilt heute vor allem der Versuchung zu widerstehen, nicht den Nazi, sondern den Günther Grass in sich zu entdecken. Denn die Nachfolgegruppen der Antifa Magdeburg existieren immer noch, von den Autonomen ist mindestens ihre Art, sich zu kleiden, verbreiteter als je zuvor. Das Antifaworkcamp begeht im August 2015 sein 25. Jubiläum. Und es gibt Feine Sahne Fischfilet.
AG »No Tears for Krauts« (Halle)
Wenn ich mich heute zur Frage »Was heißt Antifaschismus heute?« äußern soll, muss ich sagen, dass mir das schwer fällt. Die AG »No Tears for Krauts« war nie eine Antifa-Gruppe und sie wird es auch nie sein. Zwar haben wir nichts dagegen, wenn Nazis das Leben schwer gemacht wird. Skurrilerweise kümmern sich die Nokrauts sogar intensiver um so etwas als viele traditionelle linke Gruppen oder Cliquen in Halle, die ihren Antifaschismus wie eine Billigfuselfahne vor sich hertragen. An Protesten gegen Naziaufmärsche haben wir uns – zumindest in Halle – ebenfalls immer wieder beteiligt. Das alles passierte allerdings stets eher lustlos. Einerseits ist uns klar, dass die Nazis auf die Mappe verdient haben und ihnen kein Erfolg zu gönnen ist. Andererseits war es uns immer suspekt, mit SDAJ, PDS, OB und Co. an einem antifaschistischen Image für Halle zu stricken.
Der Hauptgrund dafür, dass wir uns nicht als Antifa-Gruppe verstehen, ist jedoch der, dass mittlerweile jeder, von der Oder bis zum Rhein, von Garmisch bis nach Flensburg, ein Antifaschist ist. Der Begriff unterliegt seit 1945 einer großen, seit 2000 einer riesigen Inflation. Mit »Antifaschismus« kann heutzutage alles gerechtfertigt werden: Der nach wie vor kritikwürdige Jugoslawienkrieg der rot-grünen Regierung wurde mit der Begründung angezettelt, ein neues Auschwitz verhindern zu wollen. Die Beteiligung am nach wie vor vernünftigen Irakkrieg wurde wiederum mit antifaschistischen Argumenten abgelehnt. Man habe ja schließlich aus der eigenen Nazi-Vergangenheit gelernt. Auch im internationalen Maßstab ist »Antifaschismus« jederzeit als Allzweckwaffe einsetzbar: Russland und Ukraine beschimpfen sich im aktuellen Konflikt gegenseitig als »Faschisten«, weshalb es antifaschistische Pflicht sei, den Gegner möglichst effektiv plattzumachen.
Diese Inflationierung des Begriffs zeigte sich letztlich bereits bei dem Ereignis, das in gewisser Weise den Ausschlag für die Gründung von »No Tears for Krauts« gab. Da heute alle Geschichten von früher erzählen, tun wir das auch: Die Neue Autonome Gruppe Halle – Abkürzung NAG –, die mehr oder weniger die direkte Vorgängergruppe der AG »No Tears for Krauts« war, verstand sich um die Jahrtausendwende als Teil der Antiglobalisierungsbewegung. Sie war irrsinnigerweise darum bemüht, innerhalb der radikalen Linken zu agieren, die Antiglobalisierungsbewegung von innen heraus zu korrigieren und in die richtigen Bahnen zu lenken, um schließlich die Revolution zu machen. Noch 2001 tobte sich die NAG bei den Straßenschlachten im Rahmen der sogenannten Antiglobalisierungsproteste in Prag und Göteborg aus. Auf der Busfahrt nach Schweden knüpften wir übrigens (als kleiner Schwank am Rande) erste Kontakte zur Vorgängergruppe der heutigen ADAB, die sich damals ebenfalls als Teil der No-Globals verstand. Während die Berliner Genossen eher mit dem Umkippen von Dixie-Klos beschäftigt waren, erklärte ein nicht ganz unbekanntes NAG-Mitglied vermummt und in einem breiten hallischen Englisch einem TV-Team – das Video gibt es noch irgendwo im Netz –, dass wir selbstverständlich keine »small shops« plündern würden, sondern »only big companies«.
Als die NAG ein Jahr später bei den Protesten gegen ein EU-Treffen in Kopenhagen ein Transparent gegen Antisemitismus und Antizionismus zeigte, wurde sie mehrfach gewaltsam daran gehindert, Kritik am äußerst manifesten Antisemitismus in die globalisierungskritische Bewegung zu tragen. Die Begründung war: Israel sei ein Faschistenstaat und wir wären Nazis, da wir uns nicht gegen den jüdischen Staat stellen würden. Mit Ereignissen wie diesem sowie den Reaktionen der No-Globals auf 9/11 wurde der Glaube der NAG blamiert, die Bewegung von innen auf einen vernünftigen Weg bringen zu können. Es setzte sich immer mehr die Einsicht durch, dass von der deutschen und der internationalen Linken nichts zu erwarten ist.
Als wir kurz darauf schließlich die AG »No Tears for Krauts« gründeten, ging es von Anfang an darum, dort Unruhe reinzubringen, wo sich die Deutschen besonders gemütlich eingerichtet haben. Im Unterschied zu linken Uni-Gruppen, deren langweilige Vortragsveranstaltungen so etwas wie der zweite Bildungsweg für die zu kurz Gekommenen des akademischen Betriebs sind, war und ist sich die »No Tears for Krauts« auch nie zu fein dafür, die offene Konfrontation zu suchen. Immer dann, wenn sich die Landsleute besonders einig sind, guckt die NTFK gerne ganz genau hin und haut auf den Tisch. Neben »Kinderschändern« oder US-Kriegen gehören längst auch die Nazis zu den klassischen Feindbildern der Deutschen. Diese häufig kampagnenartigen Mobilisierungen gegen die neuen Volksfeinde – mal auf regionaler, mal auf Bundesebene – zeigen ein Bedürfnis der Deutschen nach Masse und vor allem nach Hetze gegen Feindbilder. Gegen diese Zusammenrottungen versuchten und versuchen wir mit unseren äußerst begrenzten Möglichkeiten zu intervenieren. So unterstützten wir beispielsweise die Demo im nord-sachsen-anhaltinischen Insel gegen eine Meute aus Anwohnern, die zwei zugezogene Männer lynchen wollten, die ihre Haftstrafen wegen Vergewaltigung abgesessen hatten. Und vor wenigen Monaten beteiligten wir uns an einer Demonstration gegen die Roma-Hetze in der Silberhöhe. Auch hier eine kleine Skurrilität am Rande: viele Antifaschisten und Linke aus Halle, die sonst keine Gelegenheit auslassen, ihre Gegnerschaft zu Rassismus kundzutun, blieben der Demonstration in einem der finstersten Orte Ostdeutschlands fern.
Besonderes Augenmerk richtet die AG »No Tears for Krauts« dabei auf die Linke. Vor allem für Halle gilt: Wenn sich irgendwo zehn Linke über eine Sache einig sind und sich dabei »wohlfühlen«, kann man sich sicher sein, dass wir etwas daran auszusetzen haben. Diese (nennen wir es libidinöse) Bindung an die Linke hat zwei Gründe. Einerseits kommen die meisten von uns selbst aus der Linken und haben früher, wie das Beispiel der NAG zeigt, fast jeden Mist mitgemacht. Gerade weil wir selbst klüger geworden sind und uns keineswegs für Ausgeburten von Hyperintelligenz halten, glauben wir, dass auch andere klüger werden und mit dem linken Unfug brechen können. Einsichten sind ja schließlich keine Frage des IQ oder Schulabschlusses sondern der Bereitschaft zu Reflexion und Erfahrung. Zum anderen kritisieren wir die Linke vor allem wegen ihrer Avantgardefunktion für den Mainstream. Vermeintliche kritische Solidarität mit Israel, die angebliche besondere Verantwortung der Deutschen für die Juden, der Genderquatsch und der kulturalisierende Antirassismus, die längst in den Unis angekommen sind, waren früher randständige linke Erscheinungen, die sich inzwischen allesamt gesellschaftlich durchgesetzt haben. Dass die Kritik an all diesem Quark auf den Begriff des Antifaschismus gebracht werden kann, darf allerdings bezweifelt werden.
Vorrede
Man könnte dieses schon beklagen,
So inhaltlich ist dort nicht all zu viel zu holen,
Die sprächen selbst meist über sich.
Es gibt dort keine Glut, nur Kohlen,
Und die zum Teufel Brennen nich‘!
Das sollte denen jemand sagen!
HK-1889
Fetzige polemische Überschrift (irgendwas mit Zurückfallen hinter die eigenen Maßstäbe)
Der Titel gibt doch vieles her, denk ich: Was heißt Antifaschismus heute?. Ein dickes Brett, das zu bohren es sich lohnen müsste. Da macht man erst Begriff vielleicht noch die Genese, drückt all die Eiterpickel aus, die dort schwären, die Ideologien und so. Ausdrücken wohlgemerkt! Nicht nur immer drauf zeigen! Richtig ran! Man könnte vielleicht schreiben, Israel wär der reale staatgewordene Antifaschismus, IS-REAL! oder Antifaschismus heißt Luftangriff, oder sonst so Zeug. Dann kämen andre Leut hinzu und würden diskutieren. Bestenfalls natürlich! Würden sagen, vergesst mal das Allgemeine nicht über dem (unbestreitbar!) Besonderen und bedenkt, was mal ein Ideologiekritiker zum parteilichen Denken gesagt hat und so zu. Das wär ja mal was!
Doch all das ist nicht unsres Denkers Wunsch, der hier für die NoKrauts in den Ring steigt. Nicht mal für is-real Israel macht er sich stark, diese seine Chance lässt er ungenutzt verstreichen. Es fällt ihm schwer, sagt er und das war eigentlich schon alles, was das Textchen dann inhaltlich zum Thema hergibt. Nun murre nicht, du lieber Leser! Jawohl! Selbst diese maue Äußerung ist keine Aussage ÜBER das Thema sondern (wie so oft bei den NoKrauts?!) nur das Kundtun der eigenen Schwierigkeiten MIT ihm! Es geht ihnen, den NoKrauts, (auch) hier um sich. Wenigstens den Justus W. hätten sie doch bringen können, denk ich. Könnte man nicht dem etwas nachdenken in Sachen AntiF hier fürs Publikum? Wenigstens? Das ist doch keine Schande, wenn’s nur stimmt, ist’s recht!
Fetzige polemische Zwischenüberschrift, ohne die der Text auch gut ausgekommen wäre
Aber nun hat er ja das Thema gekriegt, der Denker, der da im Ich für die NoKrauts antritt und will auch seinen Aufsatz machen. Er schreibt also los, über (was denn sonst?!) die NoKrauts und deren Verhältnis zu den anderen oder besser: Zum Antifaschismus der anderen. Wohlgemerkt ohne das zu würdigen, was jene Anderen so an Sinn und Unsinn von sich gegeben. Anderswo in dieser Zeitung Kommentaren und im Netze ist das schon angemerkt worden, dass es schiene, als machten die NoKrauts Kritiken nur (noch?) an Personen fest, fragten Parteilichkeiten ab und scheuten sich vor Analysen.
Da (!!!deus ex m.!!!) macht der Denker der NoKrauts unversehens die zweite Bestimmung auf (nach der ersten, dass es ihm schwer fällt): Antifaschismus ist etwas, in dem sich die NoKrauts nicht sehen! Und sie werden auch nie Antifagruppe sein! Die Welt messen wir an uns und stellen – oh Graus – Differenzen fest! Weiß der das Lesende denn, wer die NoKrauts sind, wenn er schon mit dem allein gelassen, was der AntiF ist? Zur Klärung schiebt der Denker der NoKrauts als drittes hinterher: In der Szene, zu der wir zwar nicht gehören, da ist doch klar … wisst schon … was Antifaschismus ist: Antifaschismus ist „wenn Nazis das Leben schwer gemacht wird“ (das finden wir nämlich richtig!!)! Nun braver Denker und Kritiker im Selbstverständnis: Steckt das nicht im Worte? Antifaschist ist, wer gegen Nazis ist? Hast du uns nun also als die Bestimmung geliefert, das Antifaschismus ist, wenn man antifaschistisch ist?
Doch halt. Nun kommt das „Skurrile“! Darin, wovon wir zwar nicht sagen, was es ist (psst: der Antifaschismus (heute!)), wohl aber dass wir irgendwie nicht dabei sind, sind wir in Halle die Besten, die einzig wahren Betreiber. In Sachen Antifaschismus machen wir nicht Goldkrone auf sondern Grand Crux Chateau sowieso! Doch, gönnerhaft (!) vom Pult gesprochen (!) vor die Schüler hin: Wir tun es lustlos ihr Elenden! Nicht dass ihr denkt, am Ende eiferten wir euch nach, NEIN! Es verhält sich nämlich so: Während wir sogar vermeiden, uns in eure Sphären hinab zu begeben, ihr linken Linken, hin zu dem, mit dem ihr euch so abgebt, machen wir diesen euren Job trotz unserer Lustlosigkeit noch besser als ihr! Wie der millionenteure Knipser lustlos auf dem Felde herumlungert, während sich die anderen abrackern, und dann das entscheidende Tor macht, das alle wollen und brauchen aber selbst nicht hingekriegt haben. Der Star unter Wasserträgern (Vielleicht ein schlechtes Bild für einen Knipser ohne Mannschaft?), dem es aber keine Freude macht, was er da tut. Wahrscheinlich, weil die Wasserträger ein s00000 weit unter ihm stehender Haufen 00000 sind, keine echte Herausforderung! Oder vielleicht, weil dem Knipser nicht gebührend gehuldigt wird? Wieso aber (und das nach all der Schwafelei die einzge wichtge Frage!) findet das der NoKrauter „skurril“ und nicht völlig logisch? Glaubt er da noch nicht mal seiner eigenen „Analyse“ der Anderen (seiner Feststellung der Billigfuselfahne) die da falsch (!) in Antifa machen?
Noch eine fetzige, aber auch intelligent anmutende Zwischenüberschrift, die den vor und den nach ihr befindlichen Abschnitt gar trefflich verbindet
SDAJ, PDS, OB und Co sind den NoKrauts suspekt. Mit denen wollen sie nicht ins Boot. Warum, so fragt man sich unweigerlich? Ach ich hatt‘ es schon vergessen: Das ist nicht Sache der NoKrauts sich inhaltlich zu äußern. Es reicht ihnen schon, dass JEDER heute Antifaschist sein will, um zu entscheiden, dass so was schlicht nicht ihre Sache ist. Wieder SIE, die NoKrauts. Haben SICH zum Thema. Was sich da und wieso es sich aber so inflationiert, wollen sie nicht wissen. So sei euch unterstellt, dass euch daran nur stört das euch das eigne „exquisit“ da abgeht. Dass ihr vielleicht der Sache nach nichts anderes wollt als unterscheidbar sein? Nun ehrlich: Viel andres kann man eurem Text ja nicht entnehmen. Da steht: Wir machen „es“ (den unerklärten AntiAntidings!) anders aber das immerhin irgendwie besser! Ausrufe- oder ungs- zeichen. Nun NoKrauts! Ihr erklärt nicht euch und nicht die anderen, nur eben nur, dass ihr besonders anders im Vergleich zu denen seid und zwar weil …??? Wie wünschte man sich Inhalt, um was von euch zu lernen, euch zustimmen zu können, wenn’s denn stimmt, oder eben nicht. Bei eurem Anspruch, den ich euch jetzt unterstell‘, wär‘ das nicht angemessen?
Stark fährt er fort im Text der Denker der NoKrauts und wundert sich: WER hier so alles seine Kriegstreibereien oder frevelhaften Unterlassungen mit Auschwitz und (Anti-)Faschismus rechtfertigt! Aber sogleich nach dem Beschreiben des Zustands ist schon wieder Schluss! Interrrrrruptus Coitus! Erklären will er nicht. Fürchtet er das glatte Eis auf dem man den NoKrauts moralisch die Moral verhageln könnt? Rechtfertigen die alten Ideologiekritiker nicht ebenso alles Tun und Lassen des einen Staates anstatt es zu erklären? Nur mit einem Zeh wagt sich der Denker auf das Eis: „nach wie vor vernünftiger Irakkrieg“. Punkt. Man möchte schreien! Muss man euch denn selbst noch sagen, wo ihr dies Anliegen doch wenigstens vertreten könntet? Was soll das denn bitte für ein Dienst sein, den ihr eurer Sache da erweist, von der ich, sollte ich sie nicht wissen oder teilen, nun nur erahnen könnte was sie ist weil ihr hie und da so ein „Dissens-dropping“ betreibt? Wenn ihr euch nur auf euren Nabel schaut, wie wollt ihr denn dann Werbung machen für die Sache; das Anliegen dick unter die Nasen schmieren? Mit dumpfer Rumpelrummelpöbeleierei (anderswo und hier), Flaggenschwenkerei und Nabelschau wird das wohl nichts. Da drängt sich gleich die Frage auf, ob es euch als Gruppe nur zum Nabelschauen gibt? Seid ihr noch bei Eurer Sache oder nehmt ihr die Sache als Gelegenheit für euch? Denn schnell hat der Denker fetzige Geschichten nachgeschoben (will weg vom Thema!), von früher, die man auf Youtube schauen kann, wie geil wir einst waren in hallensischem Englisch. Und wieder inhaltsloses wir! wir! wir! damals. War das Thema „Wie (geil) sind Wir“? Könnte es nicht wenigstens heißen „Wir sind nicht Antifaschismus heute“ oder so?
Längst gehören auch Nazis zu den klassischen Feindbildern der Deutschen, sagt der brave Denker der NoKrauts irgendwo später. Wieso das so ist und was da falsch dran ist, das sagt er nicht. Aber die NoKrauts hau‘n auf den Tisch, da ist er sich sicher! Komisch, wo ihr doch sonst immer den Verhältnissen die Stange haltet, wenn ihr sie für funktional befindet … Er ist zwar ein Nationalstaat kapitalistischer Verfasstheit, in dem es auch noch Menschen zweiter Klasse gibt. Aber immerhin ist er funktional für das, was ihr ihm als Zweck unterstellt. Und deshalb teilt ihr ALLE seine Zwecke! Findet ihr denn diesen deutschen Antifaschismus nicht funktional genug für eure Sache? Könnte man doch auch mal ganz praktisch betrachten oder?
Erneute (frech-lustige) Zwischenüberschrift, obwohl die nun wirklich nicht mehr nötig gewesen wäre
Ihr wollt nicht langweilig sein (als würde Ideologiekritik am Unterhaltungswert gemessen). Macht ihr nicht auch Veranstaltungen, genau wie alle anderen? Mit so spannenden Titeln wie … Ach jetzt habt ihr mich schon wieder! Ich konnt’ mir diesen unsachlichen Seitenhieb nicht verkneifen – man wird geradezu von euch gezwungen, so wie ihr „argumentiert“ in Gänsefüßen! Mein Fehler! Ideologiekritik ist aber wirklich stinklangweilig. Dauernd in diesem Dreck rumwühlen! Da könnte ich mir besseres vorstellen! Aber ist das auch nur ein Staubkorn eines Einwandes gegen sie (die Ideologiekritik)?
Also weiter im Text: Ihr guckt angeblich immer genau hin, wenn sich Landsleute einig sind. Nun, ich las, dass ihr alles andere macht, als genau hinzugucken, in sachsenanhaltinischen Dörfern und Plattensiedlungen der gelobten Stadt. Oder ist das eurer genaues Schauen: Wie dort die Leute aussehen – sind sie hässlich oder schön? Und ob sich die sonst verschmähte Linke als Jubelperser (was für ein trefflich Wort an dieser Stelle!) bei euch einreiht oder nicht? Da guckt ihr genau hin!
Und dann kommt es wieder: Avantgarde sein (bei einer guten Aktion!) vorm Haus der Exknasties in Insel und sich dann beschweren, wenn man’s ist? Wie kommt man denn auf diesen widersprüchlichen Trichter? Sagt der Rennstreckensprecher: „So jagen sie los in ihren bunten Gefährten! Der Erste ist wieder vorn meine Damen und Herren!“ Und wen hätt’s gewundert? Den Ersten nicht, nehme ich an. Es ist nicht zu fassen, diese „Skurrilität“ (!)! Das, was ihr als Nabel dieser unsrer Saalestadt richtig findet, wird nicht von allen anderen geteilt. Die Linken kommen nicht immer vollzählig zu den Demos, die ihr wichtig findet. Die hören euch nicht zu! „Skurril“, geradezu absurd ist es, nicht mit euch zu marschieren! Die altbekannte Szene, mit der ihr es zwar nicht aushaltet in Sachen Antifaschismus an einem Tisch zu sitzen (korrekterweise? Das muss man doch klarmachen! Was seid ihr denn für Kritiker?), kommt nicht, wenn ihr ruft! Wenn man wollte, könnte man da sagen: „Schau, braver Denker, wie falsch dies linke Pack doch ist: A) Es ist eins, was es eh nicht bringt (das willst du aber nicht beweisen), B) es soll dich aber doch hofieren (wäre nicht vielmehr zu schließen: das könnte es ohnehin nicht weil es in Billigfusel macht?) und C) wenn es das nicht tut, dann wäre bewiesen, was du vorher nicht beweisen wolltest: D) Die bringen es eben einfach nicht!“.
Aber es ist auch völlig egal, was diese Linken da machen, also wobei sie „es“ nicht bringen. Sobald sie sich in irgendetwas einig sind, haben die NoKrauts nämlich etwas dagegen! Das ist in der Tat recht libidinös für die ansonsten demonstrativ zur Schau gestellte Lustlosigkeit. Ach, wieder hat es mich erwischt, verzeih du braver Denker, viel schlimmer, so sage ich schnell hinterher (denn einzig das das Kritikabelelelele!) wiegt diese Inhaltslosigkeit des Anwurfs. Ganz egal was, wir sind dagegen, da kann man sich sicher sein!
Und so weiter …. mit den Überschriften (kennt man ja jetzt vom Anfang her)
Aber es bleibt Hoffnung, meint der Denker (natürlich für die Anderen!). Er stellt die Schläue fest, die er erworben hat (eine Ausgeburt derselben war er nicht, so sagt er uns, man hat also noch Chancen!), und hofft, dass die Anderen ihm nach tun. Und selbst in dieser seiner faden Angeberei, sind Fehler. Als wüchsen Einsichten aus der Bereitschaft zur Erfahrung, nach dem Sprichwort, nach dem sie letztlich schon irgendwie klug mache! Wenn einem etwas widerfährt und der das reflektiert, was soll sich da an seiner Stellung zum Erfahr’nen ändern? Was soll ihn da klug machen? Erfahren denn nicht welche ständig Übles hier und in der Reflektion da wünschen sie sich was? Oder umgekehrt: Braucht es erfahrene Faschoprügel für die theoretische Arbeit der Antifagruppe? Sich einen Reim machen auf das Erfahrene, das wär mal was! Aber selbst dazu braucht es das Erfahrne nicht, reimen könnt er auch so – so aus der Betrachtung heraus …
Egal, schnell noch einen Hieb auf diese Linke führt er: Diese Linke, die sich ungenannt hinter dem Co von SDAJ, PDS und OB verbergen darf. Der brave Denker zählt die falschen Positionen (es sind vier an der Zahl!) die sie bezogen. Und wieder – müßig darauf zu verweisen – wird keine gewertwertwertschätzt oder widerlegt. Oder sollte eh alles allen klar sein? Zu gern hätt einer gewusst, dem noch unklar ist, wo er steht, was „kulturalisierender Antirassismus“ ist und was sein Fehler. Hat man nicht größere Pläne als die Szene dissen? Will man nicht Unpolitische, Schüler, Studenten, zur Not auch Rentner meinetwegen, für die Sache gewinnen? Gehts den NoKrauts überhaupt um sowas? Habt ihr überhaupt den Anspruch, noch mehr zu tun, als immer nur lustlos in diesen von euch verachteten Linken (die ihr, den Publikationen kann mans entnehmen, eh nur für einen Haufen „Wursthaare“ haltet!) herumzustochern? Apropos: Von wegen Avantgardefunktion. Als hätte gerade die Linke dafür gesorgt, dass Israel und Judenfreundlichkeit in dt. Innen- und Außenpolitik auftaucht! Schon mal bemerkt, dass die dafür „funktional“ sind?
Nachgeschoben macht er nun schnell die Klammer zum Thema zurück. Nachdem der Leser nun erfahren durfte, dass der Antifaschismus 1) manchem sachlich „schwer“ fällt und 2) er (der Antifaschismus) antifaschistisch ist und 3) er etwas sei, wohinter sich die NoKrauts nicht so mir nichts dir nichts stellen könnten, sagt der Denker noch 4) er sei auch nicht die Kritik am Quarke dieser Linken. Na dann!
Für alle, die keine Zeit haben, aus Deinen ellenlangen Ergüssen die Argumentation herauszusuchen, hier die Kurzfassung zum besseren Verständnis: Blibb, Blabb, Blubb…
[…] Der folgende ist neben Beiträgen der AG Antifa (Halle) und Jörg Folta (Beatclub Dessau) erschienen in: Bonjour Tristesse #19 (Herbst 2015) […]