Im Editorial der ersten Ausgabe der Bonjour Tristesse schrieben wir, dass wir das Heft im »unerschütterlichen Optimismus« herausgeben, »Diskussionen anregen« zu können. Ob dieser Optimismus berechtigt ist, wissen wir nicht. Zumindest auf dem Blog und der Facebook-Seite der Bonjour Tristesse halten sich Diskussionen, die diesen Namen verdienen, in engen Grenzen. Die Klickzahlen auf unserer Internetpräsenz sind dagegen ausgesprochen hoch: Nach der Freischaltung der letzten Ausgabe hatte die Homepage der Bonjour Tristesse kurzzeitig die höchsten Zugriffszahlen aller deutschsprachigen »Wordpress«-Blogs (dicht gefolgt vom offiziellen Tour-Blog der Modernisierungsverlierer-Combo Freiwild und »Muttis Nähkästchen«, einer Homepage über Freuden und Lasten des mütterlichen Daseins). Der Jungle-World-Redakteur Jörn Schulz weiß in einem Artikel über »die Antideutschen« in der Jüdischen Allgemeine, der augenscheinlich von Analysen der Jungen Welt und des Verfassungsschutzberichtes inspiriert ist, zu berichten, dass Publikationen wie die Bonjour Tristesse eine »junge Fangemeinde« hätten. »Fans« haben wir ganz sicher nicht, wohl aber geneigte Leser. Inwiefern aber die Lektüre des Heftes Einfluss auf das Denken des Publikums hat, bleibt ungewiss. Allein das Lesen der richtigen Texte bewirkt kaum, dass man für Erfahrung und Kritik offen ist, wie man zuletzt auf einer Konferenz über die »Kritische Theorie« in Berlin sehen konnte (vgl. http://nokrauts.org). Umgekehrt ist es durchaus möglich, dass man ganz spontan und ohne lange Jahre in Politgruppen, Lesekreisen und auf Antifa-Plenen verbracht zu haben, zu Erkenntnissen gelangen kann – zumindest dann, wenn man sich nicht gänzlich ideologisch abgedichtet hat. Vermutlich ganz ohne die Lektüre von Marx, Adorno, der Bahamas oder der Bonjour Tristesse hat sich die hallische Schwimmerin Theresa Michalak über die Diskriminierung israelischer Schwimmer bei der Weltmeisterschaft in Katar und in den Vereinigten Arabischen Emiraten im Oktober letzten Jahres empört. In den TV-Übertragungen wurde der Name Israels ausgeblendet; die Siegerehrung ist ausgefallen, damit »Israel« nicht erwähnt werden musste. Auf ihrer Facebook-Seite veröffentlichte sie ein Foto, auf dem sie eine Trainingsjacke mit der Aufschrift »Team Israel« trägt. Das Bild kommentierte sie mit der Aussage, dass es »nicht immer wirklich passend« sei, »politische Probleme im Sport unterzubringen«. Diese Mischung aus freundlichem Pragmatismus und Sportsgeist ist allemal sympathischer als das Agieren von Leuten, die in einem Jargon daher schwurbeln, den sie für »Kritische Theorie« halten, und den falschen Zustand der Gesellschaft affirmieren.
Editorial
15. Juli 2014 von bonjour tristesse
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