Wenn man keine Ahnung von redaktioneller oder journalistischer Arbeit hat, keinen freien Sendeplatz bei „Radio Corax“ findet und trotzdem „irgendwas mit Medien“ machen möchte, kann man wenigstens bei der „Hastuzeit“ Journalismus spielen. Dieses Heft wird von Studenten für die „hallische Studierendenschaft“ gemacht und ist vor allem eins: langweilig.
In der Juli-Ausgabe des Heftchens befindet sich allerdings ein Kommentar, der es in sich hat. Jens Rabe und Norbert Blech erklären Schwulen, Lesben, Bi-, Transsexuellen „und allerlei Zwischenformen“, warum sie niemand mag. Das Problem sei nämlich, dass einige Teilnehmer der „Christopher-Street-Day“-Paraden „ihr Innerstes nach außen“ kehren, in Rollen schlüpfen und etwas anderes darstellen würden, als sie tatsächlich seien. Da aber offenbar nur Rabe und Blech wissen, wie Schwule wirklich sind, können sie nun behaupten, dass es so mit dem „Abbau von Klischees“ nichts werden kann. Das tuntige Gebaren einiger Schwuler, um das es den Autoren offensichtlich geht, sei also „die Grundlage für Vorurteile und Anfeindungen“. Auch wenn die beiden Nachwuchsschreiber in ihrem Artikel in schlechtester Kloakenjournalismus-Manier den „durchschnittlichen aufgeschlossenen Bürger“ vorschieben, der „nichtsahnend solch eine Parade besucht“, ist es nur allzu offensichtlich: Wenn das Autorenduo Schwulen ganz gönnerhaft empfiehlt, wie sie sich zu benehmen haben, um akzeptiert zu werden, spricht es über seine eigenen Vorurteile. Dass Homosexuelle in den Augen von Rabe und Blech nichts anderes sein und machen können als schwul zu sein, zeigt sich an Sätzen wie dem folgenden, der der „Hastuzeit“-Redaktion – die Augen wie stets investigativ auf den journalistischen Tabubruch gerichtet – beim Lesen sicherlich großen Spaß bereitet hat: „Der durchschnittliche Schwule geht nach der Arbeit in die schwule Bar, unterhält sich dort mit seinen schwulen Kumpels, trinkt ein schwules Bier und fällt am Abend […] in sein schwules Bett.“ (Warum die Arbeit nicht schwul ist, erklären die beiden leider nicht.) Rabe und Blech werfen Schwulen schließlich mit einer pulitzerpreisverdächtigen Metapher vor, dass sie sich „in ihrer kleinen regenbogenfarbenen [was haben wir gelacht!] Welt“ abkapseln würden, statt „auch die letzten Schwulen- und Lesbenfeinde zum Überdenken ihrer Ansichten“ zu bewegen. Letztlich ist Homophobie wohl doch die Schuld der Schwulen, weil sich einige von ihnen nicht so anziehen und benehmen, wie es Rabe und Blech gern hätten. Denn immerhin kommt Homosexuellen die Aufgabe zu, „normal“ zu tun, damit sie möglichst von niemandem mehr verachtet werden müssen. Die „Auswüchse der queeren Kultur“ müssten, so die beiden Nachwuchsjournalisten, nämlich auf ein „vernünftiges Maß“ reduziert werden, dann wäre schon alles in Ordnung. So viel Kompetenz und Sachverstand in Sachen Vorurteilsbekämpfung kann sich die Bonjour Tristesse nur anschließen – allerdings nicht mit Blick auf Schwule, sondern auf deutsche Studenten: Solange Studentenzeitungen wie die „Hastuzeit“ dumm und scheiße sind, brauchen sich ihre Redaktionen und Autoren nicht darüber wundern, dass sie für dumm und scheiße gehalten werden. (are)
Lieber, leider anonymer Verfasser,
Vielen Dank für Deinen Kommentar zum Kommentar. Wir freuen uns ja immer über Reaktionen-welcher Art auch immer.
Schade aber, dass Du derart aggressiv vorgehst und Dich selbst primitivstem Vokabular bedienst.
Sonst hätte zumindest ich Deine Kritik auch ernst genommen.
Beste Grüße,
Steffi Hentschke.
-Chefredaktion hastuzeit-
PS: Am 12.10. kommt die neue Ausgabe;-)
Sehr geehrte Frau Hentschke,
drei Dinge:
1. Woher das vertraute „Du“, mit dem Sie BT-Autor Andreas Reschke ansprechen? Wir glauben einerseits nicht, dass Sie mit ihm gemeinsam im Sandkasten gespielt haben. Andererseits dürften Sie von ihm durch mehr getrennt sein als durch den Qualitätsunterschied der Zeitschriften, für die sie beide schreiben.
2. Es ist schon arg, wenn ausgerechnet die Redakteurin, die einen so widerwärtigen homophoben Text wie den von Rabe und Blech zu verantworten hat, sich über Aggressivität und vermeintlich primitives Vokabular empört. Hier gibt sich wohl jemand als verfolgende Unschuld.
3. Sie schreiben, dass Sie unsere Kritik ernst genommen hätten, wenn Reschke nicht so gepöbelt hätte. Da haben Sie uns wohl falsch verstanden. Wir wollen nicht, dass Sie unsere Kritik „Ernst“ nehmen, wir wollen auch nicht mal ganz nett beim Kaffe darüber plaudern, ob es vielleicht nicht ganz so dufte ist, schwulenfeindlichen Dreck in einer von der Studierendenschaft gesponsorten Zeitschrift abzulassen. Sondern wir wollen, wenn Sie schon nicht bereit sind, Ihr strunzdummes und -langweiliges Heft, endlich einzustellen, wenigstens die Hetze gegen Schwule unterlassen!
Mit freundlichen Grüßen
Wie das PDF des Magazins (http://hastuzeit.de/uploads/2009/10/hastuzeit27_web.pdf) in der Autorenzeile deutlich zeigt, bin ich, anders als hier dargestellt, nicht Mitverfasser des Textes. Statdessen stammt nur das Bild zum Text von mir und ist dort ohne mein Wissen über flickr übernommen worden.
Norbert Blech
Redakteur des schwulen Magazins queer.de
[…] Provinz: United we drink, U can’t touch this, Sanfter Druck, Sex sells?, Mal ganz unbefangen…, Reißt Euch am Riemen!, Hallische Sternstunden, Brown Bull, Bullshit Deluxe, Zwei Zimmer, Küche, […]