„Wir scheuen keine Konflikte.“ Mit dieser furchtlosen Selbstbeschreibung eröffnete der bürgerbewegte „Friedenskreis Halle e. V.“ im November vergangenen Jahres eine Ausstellung zum Jubiläum seines 20-jährigen Bestehens. Die Ausstellung war gleichzeitig Auftakt einer Veranstaltungsreihe, mit der sich die Friedensfreunde in Kooperation mit der grünen Ideologiefabrik „Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen-Anhalt“ dem Thema „Konflikte um Ressourcen“ widmeten. Die Reihe hielt, was man erwarten konnte, wenn sich NGO-ler gegenseitig die Welt erklären. Der Ölkonzern „Esso“ und die Weltbank wurden im ersten Vortrag (Titel: „Schwarzes Gold ohne Nutzen. Falsche Versprechungen im Tschad“) für das Elend in Zentralafrika verantwortlich gemacht. In der zweiten Veranstaltung mit dem im Nazijargon formulierten Titel „Der Krebs der grünen Lunge“ wurde dem Geschwür der „Profitmaximierung in Amazonien“ der Kampf angesagt. Es ist wohl kaum ein Zufall, dass sich der dritte Vortrag der Reihe gegen den Staat derjenigen richtete, die in der Phantasie von Nazis per se für „falsche Versprechungen“ und „Profitmaximierung“ stehen. Und so luden Friedenskreis und Böll-Stiftung am 15. Dezember Fetlework Seifu, sogenannte „Friedensfachkraft“ und Aktivistin des notorisch antiisraelischen Vereins „Kurve Wustrow. Bildungs- und Begegnungsstätte für gewaltfreie Aktion e. V.“, ins Gasthaus „Goldene Rose“ nach Halle ein. Titel der Veranstaltung: „Durst auf Heimat. Konfliktlinien in Israel und Palästina“.
Neben den obligatorischen Israelfeinden und Nahostexperten der hallischen Bürgerbewegungsmafia rief der Vortrag auch eine Handvoll Kritiker auf den Plan, die sich vor der „Goldenen Rose“ einfanden und Flugblätter an die Gäste verteilten. Als sie sich nach Beginn der Veranstaltung unter die anwesenden Teilnehmer mischten und während des Referates kritische Nachfragen stellten, zeigte sich nicht nur die „Friedensfachkraft“ unwillig und unfähig, diese zu beantworten. Vielmehr hatten die Kritiker binnen weniger Minuten den lautstarken Unmut der anwesenden Veranstaltungsbesucher auf sich gezogen: Sie wurden von den anwesenden Hippies, Rentnern und Ethiklehrern niedergebrüllt. Die Zornesäußerungen der Wutbürger reichten dabei von Spekulationen über die Identität der Kritiker („Sind das Fanatiker? Sind das Studenten oder was?“) über Beschimpfungen der Störer als „unmännlich“ bis hin zum Wunsch, sie sollen verschwinden („Wir können uns allein kritisch auseinandersetzen!“). Dazu gesellte sich auch der Vorwurf, man würde mit der vorgebrachten Kritik Israel schaden, den der anwesende Detlev Haupt, der Vorsitzende der hallischen Ortsgruppe der „Deutsch-Israelischen Gesellschaft“ (DIG), wutschnaubend äußerte. Dem Friedenskreis, dessen erklärtes Ziel in der Schaffung einer „Gesellschaft ohne Gewalt“ besteht, fiel als Antwort nichts Besseres ein, als die Kritiker durch jene entfernen zu lassen, deren gesellschaftliche Aufgabe es ist, das Gewaltmonopol des Staates durchzusetzen. Mit anderen Worten: Die Veranstalter riefen die Polizei. Die kam dann auch mit fünf Einsatzwagen und zahlreichen Beamten, geleitete die Störer des antizionistischen Friedens aus dem Saal und erteilte Platzverweise.
Der hallische Friedenskreis bewies mit seinem Vorgehen gegen die Kritiker der Pro-Palästina-Veranstaltung vor allem eines: Hinter seiner Friedenssehnsucht steht das autoritäre Bedürfnis nach Abstrafung all derer, die sich dem „partnerschaftlichen, gerechten und gewaltfreien Zusammenleben in Vielfalt“ (O-Ton Friedenskreis) verweigern. Wer schon auf kleinere Unmutsbekundungen und etwas vehementere Nachfragen mit Hausverbot und Polizeieinsatz reagiert – im konkreten Fall also auf die Weigerung, partnerschaftlich mit Antisemiten ins Gespräch zu treten und ihnen zuhören zu wollen –, der zeigt eindrücklich, dass hinter den penetrant vorgetragenen Mantras „Toleranz“, „Dialog“ und „Gewaltfreiheit“ vor allem der Wunsch steht, von Kritik endlich in Frieden gelassen zu werden. Der Wunsch der Friedenskreisler nach einer infantil vor sich hin brabbelnden Gemeinschaft, in der nur noch subjektive Meinungen ohne Realitätsbezug konsequenzlos aufeinandertreffen, ist offenbar groß. So groß, dass schon beim kleinsten, von außen hineingetragenen Widerspruch die hehren Grundsätze fallengelassen werden wie heiße Kartoffeln. Es ist kaum auszumalen, wie die hallischen Friedensfreunde wohl reagieren würden, wenn sie in Israel lebten und mit schlimmerem als mit Veranstaltungskritik konfrontiert wären. Würden ihre Häuser regelmäßig mit Kassam-Raketen beschossen, und hätten sie dort gesellschaftlichen Einfluss, es gäbe ihn wohl tatsächlich, den „Vernichtungskrieg gegen die Palästinenser“, von dem ihresgleichen so gern sprechen.
Im Folgenden dokumentieren wir das Flugblatt der AG „No Tears for Krauts“, das am 15. Dezember vor dem Gasthof „Goldene Rose“ verteilt wurde.
„Kaum jemand kennt sie nicht: Erschütternde Nachrichten über die immer wieder eskalierenden Konflikte im Nahen Osten.“ Mit diesem Satz hebt die Einladung zu einem Vortrag an, die auch Sie, verehrter Besucher, verehrte Besucherin, zur heutigen Veranstaltung gelockt hat. Welche eskalierenden Konflikte im Nahen Osten mögen gemeint sein, die kaum jemandem nicht bekannt sind und deren Kunde erschüttern lässt? Die mörderische Gewalt zwischen sunnitischen und schiitischen Gruppen im Irak? Die brutale Niederschlagung der iranischen Oppositionsbewegung? Die jüngsten Massaker der türkischen Armee in Irakisch-Kurdistan? Der Krieg des Assad-Regimes gegen die syrischen Sunniten? Die monatelangen blutigen Kämpfe des Diktators Saleh gegen die Opposition im Jemen? Der gar nicht mehr so kalte Krieg zwischen Teheran und Riad?
Sie wissen es natürlich längst: Drehte sich die Veranstaltung um einen dieser Konflikte, Sie säßen heute zu Hause und ließen sich von Ihrem Fernseher statt von der „Friedensfachkraft“ Fetlework Seifu unterhalten. Denn diese verspricht, was „Alarm für Cobra 11“ nicht bieten kann: „Konfliktlinien in Israel und Palästina“, mithin Empörung und Gemeinschaftserlebnis.
„Durst auf Heimat“ lautet der völkische Titel dieser Veranstaltung, der durchaus nicht nur den Heimatdurst der Palästinenser meint. Auch deutsche Friedensfreunde kennen das Schicksal, von der eigenen Scholle getrennt zu sein, weshalb sie gerne über Dschenin, Ramallah und Chan Junis reden und Pilsen, Danzig und Breslau meinen. Als Hintergrund dieses Blut-und-Boden-Geraunes – die Veranstaltungsankündigung spricht vom „Kampf um Wasser und Land“ – soll nun die Wasserverteilung in Israel respektive den palästinensischen Autonomiegebieten herhalten.
Dabei kennen Sie, verehrter Besucher, verehrte Besucherin, als passionierte Israelkritiker selbstredend bereits die Fakten, die sich ungefähr zu diesem Sinnbild verdichten lassen: Der Israeli genießt in vergoldetem Swimmingpool das kühle Nass, während nebenan die Palästinenser verdursten. Diese Mär verbreitete vor ziemlich genau einem Jahr immerhin auch die NGO „Amnesty International“ in ihrem Bericht „Troubled Waters“. Zwar lag der jährliche Wasserverbrauch Israels 2007 mit 153 Kubikmetern pro Einwohner in der Tat etwas über dem der Palästinenser mit durchschnittlich 105 Kubikmetern, doch relativieren sich diese Zahlen mit einem Blick auf die tatsächlichen Wasserverschwender der Region – jene, die kaum Süßwasser wiederaufbereiten – deutlich: Im selben Zeitraum verbrauchte ein Libanese 949, ein Syrer 861, ein Ägypter 732 und ein Jordanier immerhin noch 172 Kubikmeter. Die amerikanische Studie mit dem Titel „Water in the Middle East“ aus dem Jahr 2006 kommt gar zu dem Ergebnis, dass die Wasserversorgung in der Westbank besser ist als in arabischen Hauptstädten wie Amman, Tunis oder Algier. [vgl.: Feuerherdt, Alex: Amnesie bei Amnesty in: konkret 12/09] Dass die Abwasserbehandlung in den palästinensischen Autonomiegebieten trotz massiver finanzieller Zuschüsse durch ausländische Geldgeber äußerst mangelhaft ist – und damit einen Verstoß gegen die Beschlüsse der Osloverträge darstellt – und Wasserengpässe deshalb durch Israel ausgeglichen werden müssen, wird Sie sicher ebensowenig interessieren wie die Tatsache, dass der 2010 im Gazastreifen neu eröffnete „Crazy Water Park“ nicht etwa wegen Wassermangels schließen musste, sondern aufgrund seiner Zerstörung durch die frommen Aktivisten der Hamas, die im Badespaß einen Verstoß gegen islamische Moral erblickten.
Friedensfachkraft Fetlework Seifu, die über „komplexe Ursachen der gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Israelis und PalästinenserInnen“ (wenn schon nicht palästinensischer, so bleibt den Israelis immerhin der Genderterror erspart) reden will, wird selbstverständlich drei Dinge ausklammern: den massiven Antisemitismus der palästinensischen Gemeinschaft, ihren islamischen Tugendterror sowie die Weigerung aller palästinensischen Politiker, den jüdischen Staat anzuerkennen. Diese antizionistische Friedenstümelei samt des völkischen Gemeinschaftsgefühls der Besucher und Veranstalter öffentlich zu denunzieren, ist Anliegen des heutigen Protestes.
AG „No Tears for Krauts“
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