Die Reaktionen gleichen dem berühmten Stich ins Wespennest: Wer die aktuellen Auswüchse des Feminismus kritisiert, kann sich auf einen geballten Gegenangriff von links gefasst machen. Ende des vergangenen Jahres lud die AG Antifa zu einer Veranstaltung mit dem Titel »Arrivederci Patriarchat – Ist der Feminismus noch zu retten?« ins linke Hausprojekt VL in der Ludwigstraße ein. Dass der Vortrag überhaupt stattfinden würde, stand lange nicht fest. Wie in jedem linken Haus trifft sich auch im VL regelmäßig eine Selbsthilfegruppe namens Hausplenum. Üblicherweise nicken dort die meisten Hausbewohner Veranstaltungen lethargisch ab. Doch der Ankündigungstext für den Abend zur Kritik des Feminismus brachte Viele zur Weißglut, und die Veranstalter wurden zum Rapport geladen.
Neben einigen Nachfragen, wie denn der eine oder andere Nebensatz zu verstehen sei, hagelte es jede Menge Anschuldigungen (»rassistisch«, »sexistisch«), Gefühlsbekundungen (»fühle mich persönlich diffamiert«) und Befindlichkeiten (»finde den Text scheiße«). Ganz nebenbei sollte gleich die veranstaltende Gruppe auf den Prüfstand gestellt werden. (»Es geht generell um die AG Antifa und ihre Diskussionskultur.«) Konkrete Belege für die Vorwürfe wurden nicht geliefert, schließlich war der Diskussionspartner nicht der Kopf, sondern der berühmte linke Bauch, der nach der täglichen Dosis Quinoa, Dinkel und Hirse nur wenig mehr als heiße Luft produziert. Dass Behauptungen nicht argumentativ belegt werden müssen, begründete ein Gegner der Veranstaltung folgendermaßen: Der Text sei so geschrieben, dass man die Verfasser auf keine Position festnageln könne. Immer wieder fragten die Hobbystalinisten detailliert nach den Vortragsinhalten, um das für sie feststehende Verbot zu untermauern. (»Ich würde mir die Vorträge ja anhören, aber bloß nicht im VL.«) Als vorgeschlagen wurde, jeder Plenumsteilnehmer solle seine Position kurz darlegen, um nicht nur die lautesten Affen brüllen zu hören, sah ein Ritter der Zivilgesellschaft seine Stunde gekommen, sich als wahrer Feminist zu gerieren: »Ihr müsst auch nichts sagen«, wandte er sich verständnisvoll an einige Frauen, die sich noch nicht geäußert hatten.
Je länger man saß und je genervter die Plenumsgäste wurden, desto mehr zeichnete sich ab, dass das Interesse an dem, was die Referenten zu sagen hatten, doch größer war als die Lust am Verbieten – auch wenn man die Vorträge »scheiße« finden würde. Die meisten Gegner schwenkten um, was insbesondere einige männliche Diskutanten so wütend machte, dass sie Teilnehmerinnen, die ihre Meinung geändert hatten, immer wieder über den Mund fuhren. So weit scheint der Antisexismus im VL dann doch nicht gediehen zu sein.
Kurz vor dem Vortragsabend veröffentlichten einige Plenumsteilnehmer eine Stellungnahme – ein Vorschlag der AG Antifa, damit die Gegner nach dem gescheiterten Verbotsversuch noch ihr Gesicht hätten wahren können –, die jedoch das Argumentationsniveau einer Dreijährigen nicht überstieg. Frei nach dem Motto: was mir nicht passt, soll auch niemand anderes hören, wurde behauptet, bei den Vorträgen würde drei Stunden lang »altes stumpfes Zeug« erzählt werden, und das sei sowieso nur »Scheiß«. Auch mit dem Leseverstehen gab es Probleme: Aus der Feststellung der AG Antifa, dass der Islam derzeit die größte Bedrohung für die Emanzipation der Frauen ist, wurde halluziniert, die Veranstalter würden jegliche Diskriminierung von Frauen jenseits der Religion des Propheten leugnen.
Wer des Lesens und Verstehens mächtig ist, ist herzlich eingeladen, die Vorträge in dieser Ausgabe der Bonjour Tristesse nachzulesen.
Man fragt sich, warum die hängengeblieben Assis der Bonjour Tristesse andere Ossi-Linke so sehr hassen. Letzere waren in ihrer Jugend genau so infantil, halbgebildet und albern wie erstere, sicherlich weniger verbittert. Eben sind Deutsche, denen es traditionsgemäß schwer fällt die Pubertät zu bewältigen.
Man fragt sich, warum die hängengeblieben Assis der Bonjour Tristesse andere Ossi-Linke so sehr hassen. Letzere waren in ihrer Jugend genau so infantil, halbgebildet und albern wie erstere, sicherlich weniger verbittert. Es sind Deutsche, denen es traditionsgemäß schwer fällt die Pubertät zu bewältigen.
Drolliges deutsches Heftchen von und für gesellschaftlich abgehängte Alkoholiker. Gute Besserung!