Andreas Reschke über die Fixierung der guten Deutschen auf Nazis und das Desinteresse am Islam.
Die Köthener Familie Ritter hat es im Laufe der Jahre zu einiger Prominenz geschafft. Seit nunmehr 23 Jahren besucht der Fernseh-Hochkaräter Stern TV die Familie und dokumentiert das Elend eines Milieus, das von der Gesellschaft seit Generationen abgehängt ist und es vor allem auch bleibt. Die drei Söhne der Familie waren schon im Grundschulalter delinquent und wuchsen in einer Atmosphäre der Gewalt, Verwahrlosung und des Alkohols auf. Dass die Jungs der Familie keine linksakademischen Plaudertaschen geworden sind, sondern drogen- und alkoholabhängige Schläger mit zum Teil langjährigen Haftstrafen, ist nicht zuletzt dem Umstand geschuldet, dass Kommune und Staat diese Familie abgeschrieben haben. Weder das zuständige Jugendamt noch Sozialarbeiter oder das Sozialamt haben wirksam eingegriffen, um den Kreislauf aus materiellem und geistigem Elend zu unterbrechen. Einer der Jungs lebte zwischenzeitlich in einem Kinderheim, blühte dort auf und schien zumindest teilweise soziale und emotionale Beeinträchtigungen, bedingt durch sein Umfeld, kompensieren zu können. Nach vier Jahren Heimunterbringung kam er im Alter von dreizehn Jahren wieder nach Köthen zu seiner Familie zurück und setzte umgehend die Familientradition – bestehend aus exzessivem Alkoholkonsum und dissozialem Verhalten – fort.
Als im Oktober 2017 Stern TV erneut in Köthen aufschlug, hatte sich die Situation vor Ort kaum geändert. Die Familie und die Nachbarn im Obdachlosenheim warten schon seit Jahren auf eine Dusche, das Wohnhaus ist abbruchreif, und die Bewohner sind chancenlos, diesen Verhältnissen zu entfliehen. Die Versuche der Mutter, sich eine normale Wohnung anzumieten, scheiterten nicht zuletzt an der Stigmatisierung der Familie, für die wesentlich Stern TV verantwortlich ist. So bleiben die Mitglieder dieser Familie sich selbst überlassen und sind gezwungen, in ihrer Sperrmüllbude auszuharren. Auch wenn es Mitarbeiter des Jugendamtes überrascht, aber stumpfe Verhältnisse bringen stumpfe Menschen hervor. Keines der Familienmitglieder hat Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Keiner kann einen halbwegs verständlichen Satz formulieren. Und Affektkontrolle ist ebenfalls kein zentrales Erziehungsziel in solch einem Umfeld. Dass die Söhne der Familie zum Teil Nazischläger geworden sind, dürfte eher Ausdruck ihrer Verrohung als ihrer Gesinnung sein. Es ist nicht davon auszugehen, dass sie ihre Nazidevotionalien wie ein Rudolf-Hess-Plakat (»Von die Rechtsradikalen«) deswegen so gerne vorzeigen, weil sie infolge umfangreicher Lektüre von NS-Schriften überzeugte NSDAP-Fans geworden sind. Grund genug aber für diverse Antifaseiten auf Facebook, die Familie mit Hohn und Spott zu überziehen. Während sich also wackere Mittelschichts-Antifaschisten an ihrem Unterschichtenporno ergötzten und die Unglücksritter aus Köthen ein breiteres Publikum erhielten, wurde ein anderer Köthener Junge mit recht wenig Aufmerksamkeit bedacht. Nicht nur, weil er nicht autochthon ist, wurde er von linken Antifaschisten weitgehend ignoriert; sondern vor allem, weil er im Namen des Islam und nicht im Namen von Rasse und Vaterland agierte.
Im August 2017 begann am Landgericht in Halle ein Prozess gegen einen jungen Syrer, der in der Nähe von Köthen auf einem Bauernhof der evangelischen Jugendhilfe lebte. Der laut Eigenauskunft 16-Jährige hatte zuvor im Internet Sympathie für den IS bekundet und angekündigt, dass er »etwas Größeres« vorhabe. Laut Mitteldeutschem Rundfunk (MDR) soll der Jugendliche »einem Chatpartner, der verdeckt als Mitarbeiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz arbeitet, […] erklärt haben, er sei nicht nach Deutschland eingereist, um hier zu leben, und auch nicht, um mit einem Messer ein oder zwei Menschen zu töten«. Der junge Syrer beschaffte sich im Internet bereits Anleitungen zum Bau von Bomben und erkundigte sich danach, wo er Sprengstoff auftreiben könnte. Da der Angeklagte minderjährig ist, fand der Prozessauftakt unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Das Desinteresse der wackeren Antifaschisten an solchen gar nicht so seltenen Fällen hat aber weit weniger mit diesem Umstand zu tun, als mit einer Scheu, islamischen Terror zu benennen und zu kritisieren. Viel zu groß ist die Angst, würde man diesen potenziellen Attentäter als Beispiel für die Barbarei des Islam heranziehen, als Islamfeind oder gar als Rechtspopulist dazustehen. Diese Furcht einerseits und das notorische Abarbeiten an der AfD oder der geltungssüchtigen Trottel-WG von Kontrakultur andererseits sind Merkmale eines Antifaschismus, dem es nur um die gute Gesinnung geht. Wenn man sich – ohne Müh’ und Kost – ganztags von Rechtspopulisten abgrenzt, während diese ohnehin weitgehend gesellschaftlich isoliert sind, geht es in den allermeisten Fällen darum, sich gegenseitig permanent des antifaschistischen Konsenses zu versichern. Zum Pflichtprogramm des Antifaschisten gehört die bierernste Warnung vor der AfD, die so manchem linken Phantasten als die neue NSDAP erscheint, und zur Entspannung erlebt er beim Fernsehbericht über die Familie Ritter ein gruselig-schönes Schauern. Dass man aber auffällig schweigt, wenn ideologische Gewaltphantasien – so sie denn eben islamischer und nicht rechter Natur sind – real werden, ist bezeichnend. Antifa-Facebookseiten, zivilgesellschaftliche Opferberatungsstellen oder Recherche-Fuzzis interessieren sich zwar für jeden Thor-Steinar-tragenden Vorstadtproll, nicht aber für jene Szene, die oft viel zielsicherer, geplanter und hinterhältiger als die lokale Nazigang Morde plant und im schlimmsten Fall auch umsetzt.
Gegen die juristische Unterstützung von Opfern rechter Gewalt spricht nichts; im Gegenteil ist solche Hilfe oft notwendig, damit Betroffene die Täter anzeigen und vor Gericht bringen können. Dass aber Vereine wie die hallische Mobile Opferberatung und andere zivilgesellschaftliche Gruppen Betroffene von Hate Crimes unterstützen, wenn die Schläger nicht Mario oder Melanie heißen, ist nicht bekannt. Wenn Ibrahim oder Mohammed und deren Kumpels in Flüchtlingsunterkünften Mitbewohner drangsalieren, weil sie Christen oder Atheisten sind oder weil sie es wagen, tagsüber während des Ramadans ein Glas Wasser zu trinken, können sich die Opfer sicher sein, dass sie vom Staat und dessen Antifa vergessen werden. Es ist schon bemerkenswert, wie penibel die Staatsantifa das Internet nach Verfehlungen von Rechten durchforstet, während die alltäglichen Zumutungen durch den Islam ausgeblendet oder bagatellisiert werden. Antifagruppen und ihre ganzen zivilgesellschaftlichen Ableger befinden sich damit gänzlich auf Regierungslinie, nach der die AfD der große Volksfeind sei und der Islam vor einigen wenigen auf Abwegen geratenen Terroristen gerettet werden müsse – und es fällt den Guten noch nicht einmal auf. Wer also von, wie es in jenen Kreisen gerne heißt, »gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit« redet und dabei nur an abgehängte Köthener und die AfD denkt und nicht an jene, die keinen Hehl daraus machen, dass sie die Juden gerne tot sehen würden; wer also die Gefahren durch den politischen Islam kleinredet oder gar ignoriert, sollte gefälligst zum Antisemitismus das Maul halten.
Andreas Reschke
Die Bilderbuchfamilie von den hässlichen Deutschen:
https://www.mz-web.de/koethen/familie-ritter-bei-stern-tv-ein-leben-in-verwahrlosung-und-ohne-perspektive-28534038
Hallo Andreas, also ganz ehrlich, ich bin ausgesprochen glücklich, dass es die „Staatsantifa“ gibt. Die waren nämlich die Einzigen die vor 2Wochen gegen Faschopack und besorgte Bürger in Köthen auf die Strasse gegangen sind.
Aber außer für die Antifa selber hat es niemandem etwas gebracht, dass sie in Köthen war. Den 2500 besorgten Bürgern hätte man sich leider nicht in den Weg stellen können. Eher im Gegenteil hat man jenen, die den Mob im Zaum hielten – also der Polizei -, die Arbeit erschwert, da sie beide Versammlungen trennen musste.