Kaum etwas sagt mehr über die Asozialität ostdeutscher Gesinnung aus, als der Umgang mit vermeintlichen oder tatsächlichen Regelübertretern. Besonders asozial reagieren Zonenbewohner bei Vergehen im Straßenverkehr. Wer schon einmal im Osten mit dem Fahrrad den Fußweg nutzte, ist vielleicht in Kontakt mit – oft älteren – Männern getreten, die einem unumwunden Vernichtungswünsche entgegenbrüllen. Einige Autofahrer treten erst recht aufs Gaspedal, kommt ihnen ein Fahrradfahrer in einer Einbahnstraße entgegen. Und wenn eine Ampel bei dunkelgelb oder eine durchgezogene Fahrbahnlinie überfahren wird, reizt das einige Verkehrsteilnehmer so sehr, dass sie den Verkehrssünder an der nächsten Ampel selbst zur Rechenschaft ziehen wollen.
Mitte November des vergangenen Jahres wurde bekannt, dass ein besonders engagierter Regelschützer die Ärmel hochkrempelte und vermeintliche Falschparker auf seine Weise bestrafte. Er zerstach in Halles Innenstadt einem Auto sämtliche Reifen. Der Täter hinterließ am Fahrzeug einen Aufkleber mit der Aufschrift, man solle nicht auf Fußwegen parken. Bei weiteren Autos beließ es der Aktivbürger, der von Augenzeugen als ein 50-jähriger Mann beschrieben wurde, bei einer schriftlichen Verwarnung und brachte lediglich die Aufkleber an. Wahrscheinlich beschwingt von der erfolgreichen Selbstjustiz gab sich der ehrenamtliche Mitarbeiter des Ordnungsamtes mit dieser einen Aktion nicht zufrieden. Da er nur einen Autofahrer deutlich darauf hingewiesen hatte, was passiert, wenn man sich nicht an die Regeln hält, wurde vermutlich derselbe Täter am Folgetag erneut aktiv. Dieses Mal zerstach er sage und schreibe 21 Reifen an insgesamt 10 angeblich falsch parkenden Fahrzeugen. So regelt man das halt im Osten. [are]
Ärmel hoch im Straßenverkehr
24. August 2018 von bonjour tristesse
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