Eine Podiumsveranstaltung, die ihren Titel aus einem gleichnamigen DDR-Lied bezieht, verspricht nichts Gutes. Dass es stets noch schlimmer werden kann, bewies der Antifaschistische Frauenblock Leipzig (AFBL) Ende des vergangenen Jahres mit der Veranstaltung »Sag mir wo du stehst« im Leipziger Szeneschuppen Conne Island. Der Frauenblock, der 2010 durch unhaltbare Sexismusvorwürfe dafür gesorgt hatte, dass der Bahamas-Redakteur Justus Wertmüller für einen Vortrag aus dem Conne Island wieder ausgeladen wurde, bewies bei der eigenen Veranstaltung ein besseres Händchen in Bezug auf die Auswahl der Vortragenden. Denn kein anderes Ensemble aus Antifa-Gruppen hätte den Verfall der Leipziger Linken besser darstellen können: Antifa Klein-Paris aka »Mein Leipzig lob ich mir«, die interventionistische Gruppe Prisma aka »Ossis gegen Nazis« und The Future is unwritten aka »Israel ist cool, aber …«. Mit der Veranstaltung sollte geprüft werden, ob Leipzig immer noch als Hochburg der israelsolidarischen Linken bezeichnet werden kann. Dass ganz Leipzig zusammen, aber niemand hinter Israel steht, wurde stattdessen den scharenweise angereisten Zuschauern durch ein mühsames Frage-Antwortspiel verdeutlicht.
Nachdem der bei linken Veranstaltungen beliebte Kuschelkurs, durch das Verbot in der anschließenden Diskussionsrunde persönlich angreifend zu werden, festgelegt wurde, stellte die Moderation die verschiedenen Gruppen vor. Die erste Frage zielte auf den Umgang der einzelnen Gruppen mit Antisemitismus ab. Gleich zu Beginn preschte eine Gruppe vor, bei welcher die Lächerlichkeit ihres Namens nur noch von der Abkürzung desselben übertroffen wird: Antifa Klein-Paris (AKP). Diese möchte, so ihr Sprecher, von dem Begriff des strukturellen Antisemitismus Abstand nehmen, da dieser ihrer Meinung nach zu undifferenziert genutzt werden würde und dieser, wie das Schwenken von Israelfahnen, dem »antideutschen Szenekitsch« zuzuordnen sei. Stattdessen wurde im Duktus konstruktiver Kritik die Unterscheidung zwischen völkischem (gegen Juden und Israel gerichtet) und bürgerlichem Antisemitismus (Schuldabwehr) vorgeschlagen.
Während sich schon da abzeichnete, dass dieser Abend ein langwieriger werden sollte, kam die zweite Gruppe zu Wort. Prisma stellte sofort klar, dass sie keine »geopolitische Gruppe« seien und sie deshalb partout keine Antwort darauf geben könnten, wie es um die Bedrohung Israels stehe. Sie wissen allerdings sehr wohl, dass »das Existenzrecht Israels nicht in Frage zu stellen« sei und sie somit als israelsolidarisch zu bezeichnen wären.
Dass sich in Leipzig anscheinend jeder gern als israelsolidarisch versteht, Israel sich zum Glück jedoch nicht auf Leipziger Antifaschisten verlassen muss, wurde kurz darauf bei der Gruppe The Future is unwritten deutlich. Mit der Aussage, dass sie bei aller Kritik an Israel dem Staat der Shoa-Überlebenden dennoch solidarisch gegenüberstehen, bewies die Gruppe mehr Solidarität mit ihrem Mothership, dem Ums-Ganze-Bündnis, als mit Israel. Denn mutmaßt man, welche Kritik eine antinationale Gruppe an Israel äußern könnte, wird man kurz darauf in seiner Vorahnung bestätigt. Die verquere Kritik kann folgendermaßen zusammengefasst werden: 1. Israel ist ein Staat. 2. Jeder momentan existierende Staat ist dem kapitalistischen Prinzip unterworfen. 3. Kapitalismus produziere Antisemitismus. Daraus folgt, dass Israel also selbst Antisemitismus produziere und es sich somit das weltweite Aufkommen von antisemitischen Vernichtungsphantasien selbst zuzuschreiben habe.
Als hätten die Gruppen nicht schon während des Abends bewiesen, dass man sich in Leipzig lieber mit Nazis als mit Antisemitismus auseinandersetzt und man sogar auf Nachfrage vom islamischen Antisemitismus nichts wissen möchte: Im Nachgang zur Veranstaltung veröffentlichte eine der größten Leipziger Antifagruppen, die Antifa Klein-Paris, unter dem albernen Titel Wo wir stehen, wo wir kämpfen einen Text, in dem die Gruppe versucht Missverständnisse zu klären, jedoch nur eindrucksvoll zeigt, dass sich der gemeine Antifa-Ossi im »Kuddelmuddel des Nahen und Mittleren Ostens« einfach nicht zurechtfinden kann.
So bleibt in Bezug auf Israel zu attestieren, dass, wer solche Freunde hat, keine Feinde mehr braucht, und man den Leipziger Gruppen nur die Daumen drücken kann, dass die nächste Nazi- oder Anti-TTIP-Demo bald kommt, bevor sie aus Mangel an Beschäftigungsfeldern vollends ihre Existenzberechtigung verlieren. [rhd]
Sag mir, wo du stehst
21. November 2017 von bonjour tristesse
Kommentar verfassen