»Am Hufeisensee soll ein Golfplatz errichtet werden. Und nicht nur das. Geplant sind auch ein Hotel, neue Parkplätze und eine Wakeboardanlage. Damit würde der Charakter des gesamten Geländes am Hufeisensee völlig verändert«, beklagte der hallische Stadtverband der Grünen vor ein paar Monaten. Entgegen der düsteren Darstellung der Grünen handelt es sich hier jedoch um eine erfreuliche Nachricht.
Zum Verständnis: Im südöstlichen Einzugsbereich Halles liegt der Hufeisensee, dessen Geschichte ins 19. Jahrhundert zurückreicht, als an der Stelle des heutigen Sees ein Braunkohleabbaugebiet entstand. Nach der Erschöpfung der Kohlevorkommen im Jahr 1942 nutzte man einen Teil des Gebietes bis in die sechziger Jahre für den Abbau von Kies. Das südliche Areal diente bis in die achtziger Jahre als städtische Mülldeponie. Der durch das Walten der Natur entstandene See mit seinem sechs Kilometer langen Ufer, das zudem aufgeforstet wurde, entwickelte sich zu einem nahe gelegenen Spazier- und Badeort der Stadtbewohner.
Der Hufeisensee im Norden und die Müllkippe im Süden sind Relikte des früheren Bergbaus, sogenannte Restlöcher. Auf den ersten Blick bereitet der Hufeisensee ein ansehnliches Bild. Umgeben von Bäumen, Sträuchern und Schilfrohr wirkt er fast wie eine Oase zwischen Fabrikgebäuden, gigantischen Stromleitungen und tristen Landwirtschaftsflächen in der hallischen Peripherie. Allerdings ist die Umgebung des Sees vermüllt. Unangenehme Badegäste, zumeist junge Männer, die besoffen rumgrölen und durch aggressives Gebaren eine bedrohliche Atmosphäre erzeugen, können einen Sommertag am See unerträglich machen. Flache sandige oder dicht mit Gras bewachsene, also potentiell gute Badestellen sind im Gegensatz zu Steilhängen und abgelatschten Einbuchtungen rar. Einen Eisstand oder Kiosk gibt es erst recht nicht. Die mittlerweile versiegelte Müllkippe im Süden, von der aus 1992 kontaminiertes Wasser in den See gelangte, Vandalismus, Vermüllung sowie die Einleitung von ungeklärtem Ab- und Schmutzwasser bedrohen gegenwärtig den Hufeisensee. Weil ein Konzept zur weiteren Nutzung bisher fehlte, entwickelte sich der See durch die illegale aber von den Eigentümern (Stadt Halle sowie Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbauverwaltungsgesellschaft) geduldete Badenutzung und unkontrollierte Umwelteinflüsse zu dem, was er heute ist: zu einem schäbigen Baggersee, der nur genutzt wird, weil es keinen Besseren in der Umgebung gibt.
Der Hufeisensee, will er ein Erholungsort sein, muss ausgebessert werden. Die Nachricht, dass nun ein Projekt initiiert wurde, in dem angestrebt wird, das Seegelände durch Strände, Liegewiesen, einen asphaltierten Rundweg, eine Seebrücke, Spielplätze, Kioske, sanitäre Anlagen, einen Bootsverleih, einen Campingplatz, Freizeit- und Sportanlagen, Restaurants sowie Beherbergungsmöglichkeiten zu gestalten, kommt dieser Forderung gelegen.
Von ihrem Sendungsbewusstsein geleitet, meldeten sich der hallische Stadtverband der Grünen und ihre nassforsche Jugendorganisation nach der Bekanntmachung des Bauvorhabens mit Protestbekundungen gegen dieses zu Wort. Ein angestrebter Bürgerentscheid über das Bauvorhaben, das »Auswirkungen auf die Freizeitgestaltung tausender HallenserInnen« hätte, wurde im Oktober letzten Jahres glücklicherweise vom Stadtrat abgelehnt. Der grüne Stadtverband lud daraufhin im Dezember zu einem abenteuerlichen Adventsspaziergang am Hufeisensee ein, für den er »festes Schuhwerk« empfahl. Ihr Nachwuchs veranstaltete ein saftloses Minigolfspiel »gegen einen Golfplatz, für Artenvielfalt am Hufeisensee« auf dem Marktplatz. In den Pamphleten der Grünen finden ausschließlich der geplante Golfplatz, Parkplätze, die Wakeboardanlage und ein im städtischen Bebauungsplan lediglich in Anführungsstrichen gehaltenes Hotel Erwähnung. Ihren Protest begründen sie mit dem Anliegen, den Charakter des Sees retten zu wollen, der durch Artenreichtum, Naturnähe und freie Nutzbarkeit geprägt und nun durch Bebauung und »kommerzielle Angebote« bedroht sei. »Du kennst nicht eine einzige Person in Halle, die Golf spielt oder Wakeboard fährt?« fragt die Grüne Jugend und verrät damit weiterhin ihren hinterwäldlerischen Charakter. Obzwar sie die Freiheit des Individuums in ihrem Manifest betont, liegt der grünen Kaderschmiede in Wahrheit nichts daran, will sie doch dem Einzelnen diktieren, was ihm Freude verschaffen darf und was nicht. In Hervorhebung und Veralberung des Golfspiels, dem ein Nimbus als Spiel erfolgreicher Geschäftsleute zukommt, bezeugen die Grünen ihre tiefsitzende Feindschaft gegen Luxus und jene, die ihn sich leisten können oder danach streben. Die mögliche Verwandlung des Sees in ein Idyll fern von herumprollenden Halbstarken, miefendem Wasser, Bananenschalen und zerschellten Bierflaschen ist ihnen ein Dorn im Auge. Es bleibt nur zu hoffen, dass dem Bauvorhaben nichts mehr im Wege steht, damit der Hufeisensee dem Versprechen, das in seiner Glückssymbolik steckt, gerecht wird. [sis]
Vom Baggersee zum Country Club
15. Juli 2014 von bonjour tristesse
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