Was alles unter die philanthrope Ausrede der Toleranz fallen kann, zeigte sich eines Nachts Ende November im besetzten Audimax, dem sogenannten Freiraum der hallischen Bildungsproteste. Fünf Halbstarke, die recht schnell als Burschenschaftler und JN-Möchtegern-Hitlerjungen enttarnt wurden – unter ihnen war auch der Hobby-Anti-Antifa Torsten Görke – ließen es sich nicht nehmen, den Protestlern einen Besuch abzustatten. Zwei der Ankömmlinge spazierten auch gleich in das Gebäude hinein, unterhielten sich mit einigen Besetzern und verließen unbehelligt das Audimax. Eine nicht unberüchtigte Sozialdemokratin, die durch öffentliche Kundgebungen, Demonstrationen und ihren Hyperaktionismus bereits in den Fokus der Rechten geriet, trieb die Situation auf die Spitze, als sie einen Burschenschaftler und JN-Anwärter zu einer gemütlichen Plauderei beim Bier zurückholte. Dass sich durch den aufkommenden Protest zufällig vorbeigekommener Antifaschisten ihre anfängliche Debattierlaune in eine hysterische Verteidigung des „lieben“ völkisch-nationalen Kameraden wandelte, lässt den schmalen Grad zwischen der in linken Kreisen nicht ausrottbaren akzeptierenden Sozialarbeit und aktiver Querfrontpolitik deutlich werden. Die Rechtfertigungen, Gespräche auch mit Nazis zu suchen, scheinen, wie sich in der anschließenden Plenumsdebatte herausstellte, unter einigen, auch in der linken Szene Aktiven recht zahlreich zu sein – selbstberufene Sozialkundelehrer fühlen sich verantwortlich für die fürsorgliche Umerziehung in feste Strukturen eingebundener und profilierter Parteikader; gerade aus Mamas Nest Geworfene sprechen von den Unterschieden der „Rolle als Mensch“ und der „Rolle als Nazi“ und andere erkannten in ihnen Gleichgesinnte, von denen sie allenfalls kleine Differenzen in der Judenfrage trennten. Ganz in diesem Sinne drückte der ehemalige stellvertretende Pressesprecher des Bildungsstreiks, ein Mitglied der Piratenpartei aus Halle, in einem Sputnik-Interview vom 22. November öffentlich sein Mitleid mit Nazis aus und ermutigte auch gleich zum gemütlichen Umtrunk. Bereits am Abend zuvor sprach er von gemeinsamen politischen Debatten. Es wäre natürlich einfach, weitere peinliche Details bezüglich dieser Ereignisse an dieser Stelle auszubreiten. Jedoch wollen auch wir zwischen der „Rolle als Mensch“ und der „Rolle als Bildungsstreikler“ unterscheiden und die Empfehlung geben, sich zukünftig auf die erstere zu beschränken. (dvh)
Studideppen II
21. Februar 2010 von bonjour tristesse
Veröffentlicht in Zeitung | 11 Kommentare
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Bonjour tristesse in gewohnter Manier, polemisch, ungenau und wieder viel zu spät.
@ trebor: das macht’s allerdings nich besser.
Natürlich, besser spät als nie, um ne manchmal sehr wahre Platitüde zu bringen.
Ansonsten sind zu spät oder zu früh bei der institutionalisierten Ewigen Wiederkunft immergleicher „Studiproteste“ ne rein perspektivische Frage…
ich glaub mal, mandy meinte: auch wenn der text polemisch, ungenau und zu spät kommt, macht das den kritisierten sachverhalt nicht besser.
und da schließ ich mich dann gerne an.
@maik: *gg* hat auch niemals jemand behauptet. oder?
jedoch noch 2 anmerkungen meinerseits.
1. nimmt der artikel auf die daraus entstandene und über wochen geführte debatte (welche in ihren ausläufern heute noch existiert) keinen bezug.
2. ist der bs in halle nicht links (was immer das bedeuten mag).
ändert dies etwas am sachverhalt des abends? Nein, mit Nichten! jedoch erachte ich es für die einordnung des bs wichtig.
nochmal anders: mit der kenntniss, dass es sich beim bs in halle um ein heterogenes bündnis handelt, dessen ausläufer bis zur fdp reichen, macht das den „sachverhalt nicht besser“, lässt sich aber für mich unter der kategorie „das war absehbar“ verbuchen.
interessanter fände ICH da schon die frage, ob der bs trotz regressiver elemente, ein konsens bezüglich des vorgehens in solchen situationen entwickelt hat. in diesem zusammenhang würde mich interessieren welches und warum.
„interessanter fände ICH da schon die frage, ob der bs trotz regressiver elemente, ein konsens bezüglich des vorgehens in solchen situationen entwickelt hat. in diesem zusammenhang würde mich interessieren welches und warum.“
jau, das fänd ich auch interessant, aber hast du da keine konnegge, so viel insiderinfos wie du hier verbreitest 😉 ?
„2. ist der bs in halle nicht links (was immer das bedeuten mag).“
Mag sein. Dennoch: die Diskussion des beschriebenen Vorfalls wurde dominiert von hallschen Freiheitskämpfern, die sich selbst als links bezeichnen und die Praxis mit Nazis zu reden, verteidigten. Was im Grunde die Sache noch zuspitzt.
Hallo Zusammen,
Liebe RedakteurInnen von Bonjourtristesse,
Kritik ist berechtigt und wichtig, nur durch Kritik werden Handlungen und Einstellungen hinterfragt.
Jedoch frage ich mich, wieso mensch nicht die simplen
Fakten darstellen kann, wozu muss mensch Spekulationen einstreuen, wie dass der Burschenschaftler „JN-Anwärter“ sei und diese als Fakten deklariert oder in polemischer Manier eine „Querfrontstrategie“ unterstellen?
Es lässt sich zweifellos trefflich darüber streiten, inwieweit ein sozialpädagogischer Ansatz Sinn macht.
Es muss darüber diskutiert werden, wie wir in unserer Gesellschaft mit (Neo-)Nazis umgehen.
Aber in dieser Diskussion eine Meinungsdoktrin, im Sinne, jedeR die/der mit Nazis redet wird diskreditiert, halte ich für wenig zielführend. Auch wenn ich es mir inständig wünsche, verschwindet rechtsextremes, faschistisches und
misanthropes Gedankengut nicht in dem Menschen ausgegrenzt, eingeschüchtert oder verprügelt werden.
Was bleibt also?
Mein Weg beruht darauf aktiv überall und zu jederzeit Demokratie zu leben und mich klar gegen Rechtsextremismus, Antijudaismus und Ähnliches zu stellen.
Auch wenn mir bewusst ist, dass Kritik einen destruktiven Charakter hat, würde mich interessieren, welche Strategie gegenüber Nazis eine gangbare und nachhaltige wäre – in Euren Augen.
Dein Kommentar ist unglaublich Arm. Ich finde bei der Beschreibung deiner Dummheit weder einen Anfang, noch eine sachgerechte Formulierung. Unkommentiert möchte man die Versenkung deines Geistes in der blinden Menschenliebe aber auch nicht lassen.
„wozu muss mensch Spekulationen einstreuen, wie dass der Burschenschaftler “JN-Anwärter” sei“
„Es lässt sich zweifellos trefflich darüber streiten, inwieweit ein sozialpädagogischer Ansatz Sinn macht.“
„Es muss darüber diskutiert werden, wie wir in unserer Gesellschaft mit (Neo-)Nazis umgehen.“
„Aber in dieser Diskussion eine Meinungsdoktrin, im Sinne, jedeR die/der mit Nazis redet wird diskreditiert, halte ich für wenig zielführend.“
MENSCH UTE! So ein perverses Gelaber hab ich das letzte mal von einem Verfechter der akzeptierenden Jugendarbeit in Wurzen im Jahr 1999 gehört!
Du musst Dich ja intensiv mit dem jungen Mann auseinandergesetzt haben, wenn Du mit Sicherheit weisst, dass er kein JN-Anwärter war, und das als „Spekulation“ bezeichnest. Wie geil! Darum ist er auch in der gleichen rechtsextremen Burschenschaft (HLB Germania) wie der hängengebliebene JN-Kader und Anti-Antifa-Troll Torsten Görke und hing auch an dem betreffenden Abend mit dem rum.
Dass mit ideologisch gefestigten rechtsradikalen Kadern reden nichts bringt, nur diesen in die Hände spielt, solltest Du selbst auf einem Gutmenschen-DGB-SPD-Seminar zu „Strategien im Umgang mit rechten Hetzern“ gelernt haben, Deine Resistenz dagegen, denn Sinn des ganzen zu begreifen, spricht Bände und macht Dich als ernstzunehmende Ansprechpartnerin für AntifaschistInnen egal aus welcher Ecke unmöglich (aber das warst Du ja schon länger).
Misanthrop hat’s eigentlich schon besser getroffen in seiner Bewertung, danke nochmal für das Smiley im Namen und „mensch“, köstlich. Schon mal darüber nachgedacht, dass es nicht gerade belustigende Gründe hat, warum Du „berüchtigt“ bist?
Ich sag nur Comment + das hier:
„Motto: „Wenn man HEUTE nicht für das Richtige kämpft, kämpft man nie!“
Positive Eigenschaften: hilfsbereit, zielstrebig, kommunikativ und leistungsfähig [!!]“
Und jetzt: FRESSE HALTEN
[…] am bundesweiten bildungsstreik. so wächst zusammen, was zusammen gehört (siehe hier, hier und hier). aus „kauft nicht beim juden“ wird „kauft nicht beim […]