Die Ludwigstraße 37, auch bekannt als VL („Vereinigte Linke“), ist in Halle einer der linken Orte, an denen man in Ruhe ein Bier trinken kann, ohne Gefahr zu laufen, von D.I.Y.-Jüngern zum Arbeitseinsatz eingeladen zu werden. Auch darüber hinaus wird man eigentlich nicht genervt, und zuweilen trifft man nette Menschen am Tresen. Das wusste sicher auch die Antifaschistische Jugendinitiative Halle, die am Jahrestag der Kapitulation Nazideutschlands in der Örtlichkeit eine Party veranstaltete. Was an sich kein Problem war, denn auch am VL sind die letzten Jahre nicht ganz spurlos vorbei gezogen. Zwar stehen Israelsolidarität und die Kritik eines linken Antisemitismus nicht ganz oben auf der politischen Agenda. Sie sind aber auch dort keine Fremdwörter mehr. Neben dem an anderer Stelle zu behandelnden Antirassismus konnte sich das VL trotz aller Entwicklungen vor allem von einem Ideologem allerdings nie so richtig trennen: dem Antimilitarismus. Von der Antifaschistischen Jugendinitiative Halle wurden zur Bewerbung der Veranstaltungen, selbstverständlich ohne sich um den Gefühlshaushalt potenzieller Antimilitaristen zu kümmern, Flyer und Plakate erstellt, auf denen zwei Soldaten der Alliierten sich umarmen bzw. küssen. Beide haben eine Waffe über der Schulter. Im Hintergrund sind die Flaggen der Siegermächte zu erkennen. Dagegen offen aufbegehrt wurde von Seiten des VL zwar nicht, doch der antimilitaristische Furor verschaffte sich in passiver Form Abfuhr. So wurde für das VL-Straßenfest, in dessen Rahmen die Party der Initiative stattfinden sollte, ein eigenes Plakat entworfen (selbst kopiert & schwarz-weiß), auf dem die Flaggen wegretuschiert und die sich umarmenden Soldaten mit kleinen Schnipseln mit infantil-dümmlichen Parolen („Militärfahrzeuge brennen“) im Interim-Stil anno 1988 überklebt wurden. Dass man nicht zur Feier der Niederlage Nazideutschlands einladen und gleichzeitig antimilitaristische Parolen auf dem Niveau des militanten Arms der „Bürgerinitiative FREIeHEIDe“ verbreiten kann, ohne sich selbst der Lächerlichkeit preiszugeben, fiel niemandem auf. Offenbar zwang 1945 ein strammer Ostwind die Deutschen zur Kapitulation und nicht der massenhafte Einsatz von Bomben, Panzern und Soldaten. Eine kleine Anekdote verdeutlicht die Absurdität dieses Denkens: Ein Besucher, der aus Gründen der wechselhaften Witterung eine wetterfeste Camouflage-Jacke trug, wurde gefragt, ob die „Militärkleidung“ etwas Besonderes bedeuten solle. Sprich: Er sollte sich für die Farbe seiner Jacke rechtfertigen. Auch darüber hinaus kam es immer mal wieder zu mumpfenden Wortbeiträgen zu den Flaggen der Alliierten, die zur Dekoration aufgehängt wurden. Unbeteiligte wurde angesprochen, ob sie nicht auf die Veranstalter einwirken könnten, die Flaggen abzunehmen. Dem Wunsch wurde, soweit das zu erkennen war, nicht entsprochen. Und so feierte das linke Halle unter gelegentlichem Murren und Maulen noch bis in die Morgenstunden. Und wenn sie nicht gegangen sind, so murren sie noch heute. (mab)
[…] The same procedure… …as every day. Wahnsinn, Kuriositäten und Erfreuliches aus der Provinz: United we drink, U can’t touch this, Sanfter Druck, Sex sells?, Mal ganz unbefangen…, Reißt Euch am Riemen!, […]