Als Anfang des Jahres 2008 der „Stern“ über ein Außenlager des Konzentrationslagers Buchenwald in Halle recherchierte, erklärte die Pressesprecherin der Stadt in lapidarer Einfältigkeit stellvertretend den geistigen Bankrott der Saalestädter: „Ein KZ in Halle? Nein, es gab nur Zwangsarbeiter bei den Siebelswerken, die durften sogar frei rumlaufen“. Als dann wenig später der Artikel „KZ Halle – Die verdrängte Vergangenheit“ erschien, der die Existenz des Lagers mit Quellen belegte, war die Aufregung groß. In der Web-Kommentarspalte des bunten Nachrichtenmagazins brach sich der ostzonale Volkssturm Bahn: „Warum müssen sich ostdeutsche Kommunen verunglimpfen lassen von westdeutschen Reportern?“ Oberbürgermeisterin Dagmar Szabados versprach jedoch, das Thema bis zum Holocaustgedenktag 2009 weiter erforschen zu lassen, und gründete – wie immer, wenn Ratlosigkeit das beherrschende Gefühl ist – eine Arbeitsgruppe. Die Ergebnisse waren wie zu erwarten mager, aber auch in Halle hat man gelernt, dass Schweigen und Vergessen vor der „Westpresse“ nicht gut ankommen und das Abwerfen von Gedenkkränzen hingegen gern gesehen ist. Die Arbeitsgruppe schlug also vor, ein Mahnmal zu errichten. Schicke Fotos. Kleine Rede. Viel Moral. Nie wieder Gewaltherrschaft. Das Problem: Woher die dafür benötigte Plastik nehmen?
So erinnerte man sich an ein Bildhauersymposium, dass einige Zeit vorher in einem hallischen Altenheim abgehalten wurde. Dabei waren drei Plastiken entstanden, von denen eine im Garten des Pflegeheimes aufgestellt wurde. Die beiden anderen gammelten – auf Europaletten geschnürt – am Lieferanteneingang vor sich hin. Man ahnt es schon: Eine der beiden Altenheim-Plastiken wurde als Denkmal für die Opfer des KZ-Außenlagers auserkoren (die offizielle Sprachregel: „die von der Stiftung Hospital St. Cyriaci et Antonii gesponsert wurde“). Wenig später, im April dieses Jahres, wurde das Mahnmal, das „an die düsteren Tage vor 64 Jahren in Halle“ („Mitteldeutsche Zeitung“) erinnern soll, unter den Klängen von Klezmer-Musik, ohne die im Gedenk-Milieu offensichtlich gar nichts mehr geht, eingeweiht. Sechs- bis neunjährige Kinder der unweit liegenden Grundschule wurden zur Teilnahme verpflichtet, um sie für „die NS-Verbrechen zu sensibilisieren“ (MZ). Während Lokalpolitiker offenbar gar nichts daran fanden, mit einer der Plastik einer dicken, offensichtlich gut genährten Frau, den Opfern eines Konzentrationslagers zu gedenken, zeigte der für das Fundament zuständige Steinmetzbetrieb offen seinen Widerwillen gegen die Verhöhnung: Die Plastik ragt auf dem viel zu kleinen Sockel deutlich sichtbar über den Rand hinaus. (mab)
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