Wenn eine deutsche Provinzzeitung über den Nahen Osten berichtet, sind für sie vor allem israelische Verfehlungen von besonderem Interesse. Da es sich aber offenbar bis zur „Mitteldeutschen Zeitung“ herumgesprochen hat, dass besonders harsche „Kritik“ an Israel antisemitische Züge haben könnte, ist man auch hier vorsichtiger geworden. Man kritisiert also nicht mehr die Israelis allgemein (also den Juden an sich), sondern nur einzelne Exemplare dieser Spezies. Um aber dem Vorwurf, es könnte dennoch antisemitisch sein, zu entgehen, lässt man einfach einen Israeli sprechen. Nichts könnte unverdächtiger sein. Uri Avnery und Felicia Langer sind für diesen Job schon zu ausgelutscht und unseriös obendrein. Doch es gibt Alternativen: Am 16. August veröffentlichte die MZ den Artikel „Ein denkbar schlechter Kandidat“ von Akiva Eldar, Leitartikler der linksliberalen israelischen Tageszeitung „Ha’aretz“. In diesem Text schreibt der Autor über Israels Verkehrsminister Schaul Mofaz, der damals als Nachfolger Ehud Olmerts für das Amt des Ministerpräsidenten infrage kam. Das Niveau des Artikels hat es in sich und dürfte den Bedürfnissen der deutschen Leser durchaus genügen. Mofaz, ein politischer Hardliner, wird als „gefährlicher politischer Hasardeur“ bezeichnet, der noch dazu dumm sei. Eldar zitiert einen ungenannten hochrangigen israelischen Staatsbeamten, der sagte, Israels entscheidender Vorteil im Nahen Osten sei die „weit verbreitete Meinung […], die israelischen Juden seien so überaus intelligent“. Mit Mofaz als Ministerpräsident wird, so Eldar, „diese Legende Lügen gestraft“. Würde er Präsident werden, würde dies „den Nachbarstaaten vor Augen führen, wie weit der kulturelle Verfall Israels fortgeschritten“ sei. Mofaz wird hier pars pro toto für die israelische Politik angegriffen. „Schmach und Schande“ der anderen Staatsführer hätten „die Messlatte für den Antritt einer Führungsposition in diesem Land niedriger gelegt“. Bei Mofaz, der keine wirkliche Strategie bereithält, reiche es nun aus, dass er „nicht genug Leichen im Keller hat, die einem minderbemittelten Politiker wie ihn daran hindern könnten“, Präsident zu werden. Während seiner Zeit im Militär sei er ein „mittelmäßiger Brigadier“ mit „Kurzsichtigkeit“ gewesen. Seine harte Linie gegenüber palästinensischen Terroristen und der Abzug aus dem Libanon 2000 „überzeugte die Einwohner der palästinensischen Gebiete davon, dass sich die israelische Okkupation eher durch Gewaltakte […] als auf dem diplomatischen Weg“ beenden ließe. Letztlich seien also die Israelis am Terror der Palästinenser schuld. Ganz so, als gäbe es keinen arabischen bzw. islamischen Antisemitismus und nicht den Wunsch, ganz Israel und seine Bewohner auszulöschen. Ganz so, als wollten die Palästinenser nur etwas Frieden und ihre Ruhe. Kriegslüsterne Leute dagegen wie Mofaz „schüren das globale Feuer“. Die Aussage Mofaz’, dass Israel keine andere Wahl habe als den Iran anzugreifen, um das gegen Israel gerichtete Atomwaffenprogramm zu unterbinden, gilt als Beleg der Zerstörungswut des israelischen Politikers.
Während sich die MZ nie sonderlich für die israelische Innenpolitik interessierte, bot sie mit diesem Artikel, der sich scheinbar mit genau jenem Thema zu beschäftigen vorgab, ein Lehrstück des unverdächtigen Antizionismus deutscher Journaille. Ganz ohne direkte Hetze und doch für die Leser eindeutig genug wurde am Beispiel Mofaz die vermeintliche Schlechtigkeit der Juden vorgeführt. Wäre wirklich das Interesse an der Innenpolitik in Israel der Grund für einen Artikel gewesen, hätte man in der „Jerusalem Post“ sicherlich etwas Besseres gefunden. Auch in der „Ha’aretz“ lassen sich vernünftigere Artikel finden als jener von Eldar. Doch die kommen den Bedürfnissen eines ostdeutschen Provinzblattes und seinen Leser nicht entgegen.
es gibt noch einen weiteren umstand der dafür eine rolle spielen könnte, dass die mz einen artikel aus der „ha’aretz“ veröffentlicht. der kölner verlag dumont-schauberg zu dem die mz gehört hat vor einiger zeit einen anteil von 25 %, wenn ich mich richtig erinnere, an der „ha’aretz“ übernommen, d.h. „ha’aretz“ und die mz hängen dadurch in irgendeiner form geschäftlich zusammen. das sagt natürlich nichts über die auswahl des artikels aus, zu dem ihr wahrscheinlich etwas mehr oder weniger treffendes geschrieben habt. möglicherweise stecken bei der mz auch noch einige ideologische reste der ddr-weltanschaung drin, war ja immerhin früher mal als „freiheit“ das bezirksorgan der sed. aber ich bin nicht darüber informiert, welche personellen kontinuitäten aus dieser zeit heute noch bestehen.