„Das Heft, ich habe es gerade gelesen, ist, was es meiner ehrlichen Meinung nach wirklich ist; Scheiße!“ Unserer „ehrlichen Meinung nach“ finden wir in diesem Kommentar, der von einem Leser auf unserer Homepage hinterlassen wurde, die uneingeschränkte Bestätigung dafür, dass wir bisher nicht allzu viel falsch gemacht haben. Die Schmährufe, mit denen die Bonjour Tristesse regelmäßig konfrontiert wird, die Erklärung des Heftes zu „Klopapier“ und die Enttarnung der Redakteure als „Nestbeschmutzer“ zeigen, dass unsere Kritik doch hin und wieder genau dorthin trifft, wo sie wehtut. Gäbe es lediglich Applaus und Zuspruch, würden wir sofort von der Herausgabe der Bonjour Tristesse absehen. Wesentlich häufiger als nach dem Erscheinen der ersten Ausgaben wurde unser Blog – auf den hiermit noch mal ausdrücklich verwiesen werden soll – nach der Herausgabe des letzten Heftes angeklickt. Die Kommentare, die seit einiger Zeit nicht mehr nur en gros, sondern zu jedem einzelnen Beitrag hinterlassen werden können, ließen erwartungsgemäß nicht lange auf sich warten. Auf eine Kurzmitteilung („Folklore Blau-Weiß“), in der über den „Israeltag“ samt Humus- und Falafelmehl, das Ansinnen der „Deutsch-Israelischen-Gesellschaft“ (DIG) und des Vereines „El-Bait El-Arabi/Das Arabische Haus“, dessen Mitglieder oder Sympathisanten sich schon mehrfach als Antisemiten zu erkennen gaben, meldete sich beispielsweise der hallische DIG-Vorsitzende Detlef Haupt. Er fragte verwundert: „Warum habt Ihr Euch nicht selbst mit einem Stand beteiligt und öffentlich für Israel Position bezogen?? Mitmachen ist allemal besser, als nur hämische Kritik!“ Auf dieses Lob des Mitmachens wussten wir dann auch keine Antwort. Fast noch interessanter war indes das Studieren der Suchbegriffe, über die User auf unsere Seite gelangten. Offenbar auf der Suche nach etwas gänzlich anderem, erreichen bedingt englischsprachige Internetuser unsere Webpräsenz regelmäßig mit den Suchbegriffen „suck my dig“ oder „suck dig“. Es tut uns furchtbar leid, Personen, die auf der Suche nach sexueller Erfüllung sind, oder gar von Obsessionen Geplagte mit unserer schnöden Bildergalerie des hallischen „Sternburgviertels“, in die sie geleitet werden, zu belästigen. Auch jene, die, möglicherweise um schwarzarbeitende Ausländer zu melden, „Ordnungsamt Lodersleben“ googelten, gelangten, wahrscheinlich zur eigenen Überraschung, zu unserer Kurzmitteilung über einen Brandanschlag auf polnische Erntehelfer („Der Osten lebt“). Eine größere Unterstützung waren wir wohl für den User, der „Oi Polloi Antisemitismus“ suchen ließ. Der Text „Punkrock Jihad“ sollte zur Unterfütterung seiner Annahme gereicht haben. Auch jenem, der „Nazi HFC“ in die Suchmaschine eingab, konnten wir wohl hilfreich sein. Während die schlechte Beziehung „Manu Chao George Bush“ und die gute der hallischen Naziaktivisten „Uwe Nolte Sven Liebich“ mit uns noch zu klären sein dürfte, mussten wir beim Duo „Bob Dylan Uschi Obermaier“ einfach passen. „Antideutsche Lieder“ haben wir ebenfalls bisher nicht im Programm. Unser absoluter Favorit ist allerdings unser zuletzt gewonnener Fan, der unseren Blog über die „Brutpflege der Schollen“ erreichte – und bei Mario Möllers Artikel „Wir sind eine starke Gemeinschaft“ über Ostidentität und Nationalsozialismus steckenblieb. Das nennen wir doch mal einen gelungenen Blick über den Tellerrand. Möglicherweise arbeitet der Plattfisch-Wissenschaftler ja seitdem an diesem bisher unbekannten Zusammenhang.
In dieser Ausgabe geht es um folgende Themen:
» L – Eine Stadt sucht einen Mörder. Von Andreas Reschke und Mandy S. Dzondi.
» If the Kids are united. Von Manfred Beier.
» Der lange Schatten … vom Nazi-Opa? Von der AG „no tears for krauts”.
» Warum: Solidarität mit Israel? Von Philipp Lenhard.
» Interview mit dem Freefighter Jesse Björn Buckler.
» Ökonomie des Elends. Von Paul Desandren.
Darüber hinaus gibt es unter The same procedure … wie immer eine Anthologie des alltäglichen Wahnsinns in der Provinz. Viel Vergnügen.
„Eine größere Unterstützung waren wir wohl für den User, der „Oi Polloi Antisemitismus“ suchen ließ.“
richtig, das wart ihr. dankeschön dafür 🙂
„Naziaktivist Uwe Nolte“? Bei einer so verhältnismäßig kleinen Stadt wie Halle (das Adjektiv heißt übrigens „hallesch“) solltet Ihr bei der Erwähnung von Klarnamen aber schon ausdrücklich darauf hinweisen, dass Ihr nicht den gleichnamigen Künstler (u.a. Orplid) meint. Sonst gibt es noch ärgerliche Missverständnisse, an denen Euch doch ganz sicher nicht gelegen ist.
Das konsequente Abfrühstücken offenbar besonders festgemeißelter Polit-Ambivalenzen, schafft zumindest etwas Traffic für diesen fragwürdigen Blog.
Die grenzenlose Freude darüber beansprucht vermutlich auch deshalb 2/3 des Textes.
Möglicherweise findet sich ja in Zukunft doch noch irgendetwas lesenswertes über Halle.
Zu Jan Wätzold: Uns ist selbstverständlich nicht an Missverständnissen gelegen. Darum noch mal ganz deutlich: Doch, wir meinen den Uwe Nolte, der bei Orplid singt – und der u.a. auf Samplern zu Ehren von Hitlers-Lieblingsfilmerin Riefenstahl und des italienischen Faschisten Julius Evola vertreten war. Es ist zwar nachvollziehbar, dass man sich ungern sagen lässt, dass man mit einem Nazi befreundet ist. Aber die Freundschaft von Jan Wätzold macht einen Esonazi wie Nolte noch lange nicht zum harmlosen „Künstler“.
Etwas Ähnliches gilt auch für „hallisch“: Nur weil Jan Wätzold, die Mitteldeutsche Zeitung und die Bildzeitung „hallesch“ statt „hallisch“ schreiben, wird es nicht richtiger. Adjektive werden nun mal nach dem Muster: Substantiv plus Endung „isch“ gebildet. Substantive mit einem „e“ am Ende verlieren diesen Buchstaben dabei. Darum heißt es eben auch sklavisch statt sklavesch, satirisch statt satiresch oder seelisch statt seelesch. Einfach mal Hans-Joachim Solms, Professor am Germanistischen Institut, fragen. Es reicht aber auch der Duden.
Für die Belehrung, die richtige Adjektivierung meiner schönen Heimatstadt betreffend, bedanke ich mich. Wahrscheinlich hat die Verliebtheit in die e-Variante mit meiner DDR-Sozialisierung im Arbeiterviertel Südstadt zu tun. Gleiches vermute ich, was meine Einschätzung bzw. Schätzung von Uwe Nolte (dem Orplid-Künstler) angeht. Zwar habe ich keinen Schimmer, was ein Esonazi sein soll, denke aber nicht, dass das eine neumodisch-avantgardistische Umschreibung für das schöne alte Wort Antifaschist ist. Ein solcher allerdings ist Uwe Nolte (der Orplid-Künstler) für mich. War es 1990, ist es heute noch. Dafür, dass er aber nicht mit der Baseballkeule oder rüder Polemik auf den Menschenverächtern herumdrischt, sondern als besonnener und seelenvoller Zeitgenosse so manchen krummen Lebensweg glättete, bin ich ihm nicht nur als Freund, sondern auch als Hallenser dankbar.
Fans von Julius Evola oder wahlweise auch Ernst Jüngers, eines der zentralen intellektuellen Wegbereiter des NS, sind also, nur weil sie den rechten Schläger-Mob nicht so gut oder einfach zu wenig elitär finden, gleich Antifaschisten. Zumindest „für Dich“. Wo die Empirie versagt, wird auf den Bauch gesetzt und im Stil eines trotzigen Kindes gesagt: Aber für mich ist das halt so. Für die einen ist es Duplo, für die anderen die längste Praline der Welt, oder wie? Es soll ja auch Leute geben, die sagen: Für mich war Hitler kein Massenmörder, sondern ein großer Staatsmann. (Die von Nolte verehrte Nazisse Riefenstahl zum Beispiel.) Bei diesem relativistischen Bauchschmerz- und Gefühlsunsinn geht jede historische Urteilskraft verloren, alles wird zu einem Brei verschiedener „Meinungen“. So wird Göring zu einem guten Menschen, weil er Tiere mochte, Robert Ley hat seine Verdienste, weil er die Arbeitslosigkeit beseitigte usw. Dafür, dass wir auf solcher Menschenverachtung mit „rüder Polemik“ herumdreschen und ihren Vertretern nicht, wie der gefühlvolle Herr von der Bildzeitung es scheinbar besser fände, verständnisvoll den Hinterkopf tätscheln, sind wir uns dankbar. Weder als Freund von Nazis wie Uwe Nolte noch als Leute, die es nötig haben, sich stolz dazu einzubekennen, dass sie „Hallenser“ sind!
Ach ja, die Diskussion darüber, ob Uwe Nolte nun ein Nazis bzw. Esonazi ist oder nicht, ist hiermit beendet. Weder die Bonjour Tristesse noch ihr Forum steht dafür zur Verfügung, über die „guten Seiten“ von Evola-, Jünger-, Riefenstahl- usw. Fans zu debattieren.
…ach, ihr QUATSCHT doch nur von Demokratie!!!
Zu Befehl: Diskussion beendet! Bevor ich ins Glied zurücktrete, nur dies noch zu Protokoll oder – für die McDonalds-Sozialisten unter Euren Lesern – just for the record: Ich halte weder Adolf Hitler für einen großen Staatsmann noch Hermann Göring für einen guten Menschen oder Robert Ley für verdienstvoll. Allerdings aber bin ich stolzer Hallenser und durchaus dankbar, dass meine Stadt von Arthur Harris und Terry Allen geschont wurde. Und selbstverständlich vergieße ich auch Tränen um Deutsche – im konkreten Fall um Euch. Sport frei!
Ach Mensch Leute, ich weiß garnichts mehr…was soll ich noch glauben…wer ist denn nun böse und wer lieb?
lichtung
manche meinen
lechts und rinks
kann man nicht velwechsern
werch ein illtum
Ernst Jandl
@ jan waetzold
du schreibst:
„Allerdings aber bin ich stolzer Hallenser und durchaus dankbar, dass meine Stadt von Arthur Harris und Terry Allen geschont wurde.“
ich moechte mal, obschon ich das sonst nicht tue, kritik an arthur harris ueben. das war natuerlich nix, herr harris, beim naechsten mal bitte etwas gruendlicher.